Bewusstsein des Ganzen. Totalität & Ideologie in der kritischen Gesellschaftstheorie (2024)

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  • Опубликовано: 13 янв 2025

Комментарии • 3

  • @Kim-ne8rq
    @Kim-ne8rq 3 дня назад +4

    So viel neuer Content auf diesem Kanal!! Toll! Ich freue mich!

  • @TheNokturnalTimes
    @TheNokturnalTimes  4 дня назад +4

    Im Vortrag wird im letzten Drittel dieses Adorno-Zitat besprochen:
    "Wer deutet, indem er hinter der phänomenalen Welt eine Welt an sich sucht, die ihr zugrunde liegt und sie trägt, der verhält sich wie einer, der im Rätsel das Abbild eines dahinter liegenden Seins suchen wollte, welches das Rätsel spiegelt, wovon es sich tragen läßt: während die Funktion der Rätsellösung es ist, die Rätselgestalt blitzhaft zu erhellen und aufzuheben, nicht hinter dem Rätsel zu beharren und ihm zu gleichen.
    Echte philosophische Deutung trifft nicht einen hinter der Frage bereit liegenden und beharrenden Sinn, sondern erhellt sie jäh und augenblicklich und verzehrt sie zugleich. Und wie Rätsellösungen sich bilden, indem die singulären und versprengten Elemente der Frage so lange in verschiedene Anordnungen gebracht werden, bis sie zur Figur zusammenschießen, aus der die Lösung hervorspringt, während die Frage verschwindet -, so hat Philosophie ihre Elemente, die sie von den Wissenschaften empfängt, so lange in wechselnde Konstellationen, oder, um es mit einem minder astrologischen und wissenschaftlich aktuelleren Ausdruck zu sagen: in wechselnde Versuchsanordnungen zu bringen, bis sie zur Figur geraten, die als Antwort lesbar wird, während zugleich die Frage verschwindet." („Die Aktualität der Philosophie“ (1931), Gesammelte Schriften 1, 335.)
    Adorno kritisiert die Suche nach einer metaphysischen, hinter der phänomenalen Welt liegenden "Welt an sich" als Grundlage für die Deutung der Wirklichkeit. Stattdessen beschreibt er die Aufgabe der Philosophie als einen dynamischen Prozess, der darauf abzielt, die Elemente der Frage in neue Konstellationen zu bringen, bis sich eine Antwort ergibt. Diese Antwort erhellt die Frage plötzlich und hebt sie zugleich auf, sodass die Frage verschwindet. Philosophie ist also kein Streben nach einer verborgenen, unveränderlichen Wahrheit, sondern ein Prozess des Verstehens, der die Frage selbst transformiert und auflöst.
    Wichtige Aspekte der Aussage:
    1. Kritik an der metaphysischen Deutung:
    Adorno lehnt die Vorstellung ab, dass hinter der sichtbaren Welt eine "Welt an sich" existiert, die als Grundlage oder Ursache der Erscheinungen dient. Diese Haltung vergleicht er mit jemandem, der in einem Rätsel nicht die Lösung sucht, sondern ein dahinterliegendes Sein, das das Rätsel trägt.
    2. Die Funktion der Rätsellösung:
    Die Lösung eines Rätsels besteht nicht darin, hinter dem Rätsel zu verharren oder es zu imitieren, sondern darin, das Rätsel selbst zu erhellen und aufzuheben. Die Lösung macht das Rätsel überflüssig, indem sie es auflöst.
    3. Philosophische Deutung als dynamischer Prozess:
    Philosophie arbeitet nicht mit festen Wahrheiten, sondern bringt die Elemente, die sie von den Wissenschaften erhält, in immer neue Konstellationen oder Versuchsanordnungen. Diese Konstellationen führen schließlich zu einer "Figur", die als Antwort lesbar wird. In diesem Moment verschwindet die ursprüngliche Frage.
    4. Philosophie als Aufhebung der Frage:
    Die Antwort, die durch die philosophische Deutung entsteht, ist nicht etwas, das hinter der Frage verborgen liegt, sondern etwas, das durch die Anordnung der Elemente hervorgebracht wird. Die Frage wird dadurch nicht nur beantwortet, sondern auch aufgehoben.
    Zentrale Botschaft des Zitats wäre demnach:
    Adorno betont, dass Philosophie kein Streben nach einer absoluten, hinter den Erscheinungen liegenden Wahrheit ist. Stattdessen ist sie ein prozesshaftes Denken, das durch die Konstellation von Elementen neue Einsichten schafft. Die Wahrheit liegt nicht hinter der Frage, sondern entsteht im Moment der Lösung, die die Frage selbst überflüssig macht

  • @TheNokturnalTimes
    @TheNokturnalTimes  5 дней назад +4

    Zusammenfassung des Hauptpunkte des Vortrags:
    1. Autoritarismus ist eine Form von Ideologie, die gesellschaftlich bedingt ist.
    2. Ideologie ist ein "notwendig falsches Bewusstsein", das die gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert.
    3. Die Totalität der Gesellschaft muss analysiert werden, um Ideologie zu verstehen, ist aber schwer zu fassen.
    4. Adorno entwickelt mit der negativen Dialektik und dem Denken in Konstellationen eine Methode, um die gesellschaftliche Wirklichkeit zu deuten.
    5. Marx' Analyse des Kapitals als gesellschaftliche Totalität bleibt ein Vorbild, muss aber kritisch weitergeführt werden.
    6. Zeitgenössische Gesellschaftstheorien greifen oft auf abstrakte Begriffe zurück, die die gesellschaftliche Wirklichkeit nicht ausreichend erklären.
    7. Ziel der Gesellschaftsanalyse ist es, die Veränderbarkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse sichtbar zu machen.
    Themenpunkte des Vortrags im Detail:
    1. Autoritarismus und Ideologie
    a) These: Autoritarismus ist nicht nur ein politisches Phänomen, sondern auch eine Form von Ideologie. Die gegenwärtigen autoritären Tendenzen sind selbst ideologisch geprägt.
    b) Kritik: Der Begriff der Ideologie wird heute oft als politischer Kampfbegriff verwendet, um die Weltanschauungen anderer zu delegitimieren, anstatt analytisch genutzt zu werden.
    c) Beobachtung: Populismus und Faschismus werden häufig als ideologisch "dünn" oder widersprüchlich beschrieben, was jedoch nicht bedeutet, dass sie keine ideologischen Strukturen haben. Vielmehr sind sie durch Ideologeme (z. B. Antisemitismus, Antifeminismus) geprägt, die widersprüchliche Elemente verbinden.
    2. Ideologiebegriff und gesellschaftliches Ganzes
    a) These: Ideologie ist ein "notwendig falsches Bewusstsein", das gesellschaftlich präformiert ist. Sie erfüllt eine Funktion für die Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse.
    b) Problem: Der Begriff des "falschen Bewusstseins" wirft zwei zentrale Fragen auf:
    I. Wahrheitsproblem: Wer bestimmt, was "falsch" oder "wahr" ist?
    II. Determinismusproblem: Wie genau bestimmt die Gesellschaft das Denken der Individuen?
    c) Althusser: Ideologie repräsentiert nicht die gesellschaftlichen Verhältnisse direkt, sondern das imaginäre Verhältnis der Individuen zu diesen Verhältnissen. Sie dient der Reproduktion der Produktionsverhältnisse.
    3. Totalität und Gesellschaft
    a) These: Um Ideologie zu verstehen, muss das gesellschaftliche Ganze (Totalität) begriffen werden. Doch die Totalität ist kein direkt beobachtbares Phänomen und schwer zu fassen.
    b) Kritik an der modernen Theorie: Viele zeitgenössische Theorien (z. B. Ulrich Beck, Daniel Loick) verwerfen den Begriff der Totalität als unzeitgemäß oder zu abstrakt. Adorno hingegen hält an der Notwendigkeit fest, die Totalität zu denken, lehnt aber idealistische Vorstellungen davon ab.
    c) Adornos Ansatz: Die Totalität der Gesellschaft kann nicht direkt erfasst werden, sondern nur durch eine kritische Analyse ihrer Widersprüche und Strukturen. Dies erfordert ein Denken in Konstellationen, das verschiedene Elemente in Beziehung setzt, um die gesellschaftliche Wirklichkeit zu deuten.
    4. Adornos Ideologiekritik
    a) These: Adorno sieht Ideologiekritik als zentralen Bestandteil der Gesellschaftsanalyse. Ideologie ist Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der "Herrschaft der Abstraktion" in der modernen Gesellschaft.
    b) Negative Dialektik: Adorno entwickelt eine Methode, die es ermöglicht, die gesellschaftliche Objektivität zu reflektieren, ohne in dogmatische oder ideologische Denkmuster zu verfallen.
    c) Konstellationen: Adorno schlägt vor, die gesellschaftliche Wirklichkeit durch Konstellationen zu deuten - also durch die Anordnung von Elementen, die in ihrer Gesamtheit eine Figur ergeben, die die gesellschaftlichen Verhältnisse sichtbar macht.
    5. Marx und die materialistische Gesellschaftsanalyse
    a) These: Adorno knüpft an Marx' materialistische Gesellschaftsanalyse an, insbesondere an dessen Kritik des Idealismus und die Analyse des Kapitals als gesellschaftliche Totalität.
    b) Kapitalismus: Marx zeigt, dass der Kapitalismus eine konkrete Totalität darstellt, in der alle gesellschaftlichen Verhältnisse durch die Logik des Kapitals bestimmt werden. Diese Totalität ist nicht abstrakt, sondern in der Realität verankert.
    c) Problem: Die marxistische Analyse kann nicht formalisiert werden, ohne in Dogmatismus zu erstarren. Adorno versucht, diese Analyse durch eine kritische Reflexion weiterzuführen.
    6. Kritik an zeitgenössischen Ansätzen
    a) These: Viele gegenwärtige Gesellschaftstheorien (z. B. Nachtweys "libertärer Autoritarismus") greifen auf abstrakte Begriffe wie "Spätmoderne" zurück, die die gesellschaftliche Totalität nicht ausreichend erklären. Solche Ansätze reproduzieren oft selbst ideologische Denkmuster.
    b) Forderung: Eine ernsthafte Gesellschaftsanalyse muss die Totalität der gesellschaftlichen Verhältnisse berücksichtigen und darf sich nicht auf abstrakte oder idealistische Modelle stützen.
    7. Ziel der Gesellschaftsanalyse
    a) These: Ziel ist es, die gesellschaftlichen Verhältnisse so zu deuten, dass ihre Veränderbarkeit sichtbar wird. Ideologiekritik und die Analyse der Totalität sollen zeigen, dass die bestehenden Verhältnisse nicht naturgegeben, sondern menschengemacht und veränderbar sind.
    b) Adornos Beitrag: Adorno bietet keine fertige Theorie, sondern eine Methode, die es ermöglicht, die gesellschaftliche Wirklichkeit kritisch zu reflektieren und ideologische Verblendungen aufzudecken.