SECHS MONATE KRIEG: So kläglich verlief Putins Invasion in die Ukraine | WELT Hintergrund
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- Опубликовано: 2 ноя 2024
- Auf den Tag genau sechs Monate nach Beginn des russischen Einmarschs hat die Ukraine am Mittwoch ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion vor 31 Jahren gedacht. Aus Furcht vor verstärkten russischen Angriffen an diesem symbolträchtigen Tag wurden in Kiew sämtliche Großveranstaltungen abgesagt. Präsident Wolodymyr Selenskyj, dessen Video-Ansprachen im vergangenen halben Jahr zu einem Symbol des ukrainischen Widerstands geworden waren, zeigte sich betont kämpferisch: Er werde den Krieg nicht dann für beendet betrachten, wenn es Frieden gebe, sondern wenn sein Land gesiegt habe. Die russische Offensive hatte sich zuletzt verlangsamt. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte, dies sei beabsichtigt und diene der Vermeidung ziviler Opfer.
Selenskyj führte in seiner emotionalen Rede aus, dass die Ukraine am Morgen des 24. Februar als Nation wiedergeboren worden sei. "Eine Nation, die nicht weinte, schrie oder sich fürchtete. Eine, die nicht floh. Nicht aufgab. Und nicht vergaß." Die Ukraine werde die schon 2014 durch Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die in den vergangenen Monaten verlorenen Regionen im Donbass zurückerobern bekräftigte Selenskyj. Der 44-Jährige, der wie üblich armeegrün gekleidet war, stand während der Aufzeichnung der Rede vor dem zentralen Unabhängigkeitsdenkmal in Kiew. In der Stadtmitte wurden ausgebrannte russische Panzer im Stil von Kriegstrophäen ausgestellt.
Die Straßen der Hauptstadt waren am Mittwoch ungewöhnlich leer, nachdem in den vergangenen Tagen wiederholt eindringlich vor möglichen Raketenangriffen Russlands auf ukrainische Städte rund um den Unabhängigkeitstag gewarnt worden war. Öffentliche Versammlungen sind in Kiew verboten; in der zuletzt stark umkämpften Stadt Charkiw im Osten des Landes galt eine Ausgangssperre. Am Morgen mahnte das ukrainische Militär die Bevölkerung abermals zur Vorsicht.
Die Ukraine war bis 1991 Teil der von Russland dominierten Sowjetunion. In einer Volksabstimmung sprach sich damals eine überwältigende Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung für die Unabhängigkeit aus. In der zwischen Russland auf der einen und östlichen EU-Ländern wie Polen und Rumänien auf der anderen Seite liegenden Ukraine lebt eine russische Minderheit.
Nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz muss die Ukraine Mitglied der Europäischen Union werden. "Die Ukraine hat einen festen Platz in Europa und zwar als Mitglied in der EU", betonte Scholz in einer Video-Botschaft zum Unabhängigkeitstag. Er erinnerte an einem Beschluss des EU-Gipfels im Juni, der die Tür für ein Aufnahmeverfahren öffnete. Man werde das Land solange gegen den Angriff Russlands unterstützen, solange dies nötig sei. Der Kanzler lobte den Mut der ukrainischen Armee.
Der russische Einmarsch in die Ukraine vor einem halben Jahr hat Schockwellen in der ganzen Welt ausgelöst und stellt eine Zäsur in der europäischen Nachkriegsgeschichte dar. Die Moskauer Regierung begründete ihr als militärischen Sondereinsatz bezeichnetes Vorgehen damit, in der Ukraine militärische Kapazitäten zerstören sowie gegen als gefährlich eingestufte Nationalisten vorgehen zu wollen. Die Ukraine und ihre Verbündeten sprechen von einem Angriffskrieg. In den vergangenen sechs Monaten wurden Tausende Zivilisten getötet, mehr als ein Drittel der Ukrainer wurde aus ihrem Zuhause vertrieben und ganze Städte weitgehend zerstört.
Die Ukraine spricht von fast 9000 gefallenen Soldaten. Russland hat keine Opferzahlen veröffentlicht. US-Geheimdienste gehen davon aus, dass 15.000 Soldaten getötet wurden. Russische Truppen kontrollieren inzwischen große Teile des Donbass im Osten der Ukraine sowie Gebiete im Süden, darunter Küstenstreifen am Schwarzen Meer sowie am Asowschen Meer. Vor allem die Belagerung der dortigen Hafenstadt Mariupol hatte im Kriegsverlauf ein Schlaglicht auf das Leid der Zivilbevölkerung geworfen. Nach dem früh gescheiterten Versuch Russlands, die Hauptstadt Kiew einzunehmen, sorgten Bilder getöteter Zivilisten vor allem aus dem Vorort Butscha international für Entsetzen. Sie deuten nach ukrainischen Angaben auf Kriegsverbrechen hin. Russland weist dies zurück und spricht von einer ukrainischen Inszenierung.
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