Etwas, was mir auffällt beim Anfang der Mondscheinsonate: was sie als korrekt gespielt haben klingt für mich nach etwas, von dem ich nicht wüsste, wie ich es schreiben sollte: die sechzehntel ist halb so lang wie eine Triole, teilen wir also eine Viertel in 12 Teile und zählen mal mathematisch beginnend bei 0 statt 1 (wie in der Musik üblich) so schlagen die Triolen auf 0/12, 4/12 und 8/12 (der Viertel) und die Sechzehntel, die sie gespielt haben, schlägt auf die 10/12 (der Viertel). Warum eigentlich? Ich höre das Stück eigentlich meist so gespielt. Die Sechzehntel wäre eigentlich nicht die von den 10/12 verbleibenden 2/12 (der Viertel) lang sondern 3/12 = 1/4 der Viertel, was 1/4*1/4=1/16 ist. Die 3/12 der Viertel sind aber schwer/unüblich zu schreiben. Waren tatsächlich die 3/12 der Viertel gemeint und es wurde lediglich, weil es einfacher zu schreiben ist, die Sechzehntel-Notation verwendet? Ich habe den Eindruck, das es gar nicht selten sein sollte, dass die Notation weniger exakt „wörtlich“ gemeint ist, sondern lediglich das Vehikel der Notation nutzt, die dann im Detail doch feinere aber schwere exakt zu notierende Ausführung vom Komponisten gefordert sein sollte, deren Grundlage die Spielpraxis der jeweiligen Zeit und des Komponisten ist. Die Notation ist also in meinen Augen zu verstehen als eine Art möglichst komprimiert und einfach zu lesen, das Nötige hinzuschreiben, damit man sich erinnern kann, was gemeint war, ohne allzu explizit und detailliert zu sein, was durch unnötig viel Information schwerer zu lesen ist. Mich würde interessieren, wie das unter Fachleuten diskutiert wird, ich selbst bin lediglich Musikfreund und Hobbymusiker. Ich würde mich freuen, von ihnen belehrt zu werden :)
Die Notation ist immer ein Vehikel. Es gibt einen Brief von Liszt, in dem er über seine Ausgabe eines Werkes von Weber schreibt, dass es unmöglich sei, das notwendige Rubato irgendwie in Noten oder Worte zu fassen. So ist es wohl auch bei dieser rhythmischen Figur in der cis-moll-Sonate... Musik hat viel mit Mathematik zu tun - aber wie schön, dass sich diese Dinge mathematisch nie werden festlegen lassen!
Herr Ruchti, Sie halten mich von der Arbeit ab! Ich wollte heute Morgen vorankommen, doch dann Ihr Video gesehen und die Arbeit sofort beiseitegelegt. Sehr interessant! Ich finde es extrem schwierig, die allegro con brio Stelle ab Tempo 120 präzise auszuführen. Man braucht schon einen leichtgängigen Flügel mit einer gut eingestellten Mechanik, um das zu spielen. Sie spielen das um das Tempo 125 herum, und ich meine auf dem Erard wird es auch nicht schneller gehen. Czerny schreibt 144-152. Kempff z.B. spielt ungefähr in diesem Bereich (ca. 145), ohne dass es zu schnell klingt (er hat aber einen perfekt regulierten modernen Flügel). Dagegen spielen M.Bilson und co. (ruclips.net/video/-A1a8PCQfP0/видео.html ) auf historischen Instrumenten es viel schneller, so um 170. Falls es auf diesen historischen Instrumenten von M.Bilson problemlos möglich ist, so schnell zu spielen, erscheint das Tempo von Czerny um 150 schon fast als speziell für Amateure heruntergedreht und adoptiert :) Vielleicht könnten Sie mal ein Video dazu machen, und auf die unterschiedlichen Mechaniken eingehen? Warum waren die Instrumente von Mozart angeblich so schnell, und wurden dann langsamer, und dann erst später durch die doppelte Repetition (wie beim Erard) wieder schneller?
In an attempt to answer your interesting question: There is an interesting article by Kenneth Mobbs, which deals with several action characteristics of historical pianos. The author measured precisely (amongst others features) the repetition speed of pianos on middle c. He measured 78 pianos in total, giving a rather detailed picture. According to this article the fastest repetition was measured on an Erard of 1836. This double-escapement action is even faster than the fastest modern Steinway he measured. The Erard gave clear repetitions of 9.2 notes per second, the modern Steinways went up to an average of 8.3, with one reaching 8.7. So in terms of repetition speed, piano actions went downhill during the 20th century. Amongst the Viennese pianos a Graf (1826) gave repetitions of 8 notes per second. Several earlier Broadwoods went even beyond this, with one reaching 8.8. That is almost as fast as the Erard (but without double-echappement) and it equals the best Steinway... This clear and detailed study proves that Schubert speed in Erlkönig would have caused problems on some pianos, but it was certainly possible on the better brands.
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Es wäre auf dem Érard, den ich hier benutze, problemlos möglich, das Allegro con brio wesentlich schneller zu spielen. Mein Tempo orientiert sich nicht an den Grenzen des Instrumentes, sondern an musikalischen Gesichtspunkten. Érard war um 1840 führend im Klavierbau, und seine Instrumente sind technisch weit entwickelt. Die Frage der Geschwindigkeit hat meines Erachtens auch nur beschränkt etwas mit Professionalität zu tun. Ein gemässigtes Tempo erfordert möglicherweise weniger Geläufigkeit in den Fingern, dafür aber umso mehr Qualitäten hinsichtlich Klang, Phrasierung, Atmung. Das Gewicht verschiebt sich einfach, und es ist alles eine Frage des Fokus.
@@jorislejeune Thank you for you reply. With this repetition they provide, one has to be very careful. Take a bad and a good piano which repeat both at around 9 notes per second. With the better one you have more tolerance, meaning you can play fast forte and piano and it sounds great, at the bad one, you may perform the repetition test hitting one key with two fingers at one specific key depth, but you will not be able to play anything fast. I used to have a grand with a built in silent system, where all technicians would tell me it was regulated well, but still I was not able to play e.g. chopin nr 2 from op 25 beyond the speed of 100.
In my opinion, the first movement of op 13 is very difficult if played faster than tempo 120, if played without cheating and you need a piano with a light action. You have e.g. the transitions from bar 48 - 49 and 138 -> 139 (left hand) where you have to play the same note with the same finger, which is extremely difficult at high speeds. Still Czerny considers the pathetique to be easy compared to the earlier sonatas.
Etwas, was mir auffällt beim Anfang der Mondscheinsonate: was sie als korrekt gespielt haben klingt für mich nach etwas, von dem ich nicht wüsste, wie ich es schreiben sollte: die sechzehntel ist halb so lang wie eine Triole, teilen wir also eine Viertel in 12 Teile und zählen mal mathematisch beginnend bei 0 statt 1 (wie in der Musik üblich) so schlagen die Triolen auf 0/12, 4/12 und 8/12 (der Viertel) und die Sechzehntel, die sie gespielt haben, schlägt auf die 10/12 (der Viertel). Warum eigentlich? Ich höre das Stück eigentlich meist so gespielt. Die Sechzehntel wäre eigentlich nicht die von den 10/12 verbleibenden 2/12 (der Viertel) lang sondern 3/12 = 1/4 der Viertel, was 1/4*1/4=1/16 ist. Die 3/12 der Viertel sind aber schwer/unüblich zu schreiben. Waren tatsächlich die 3/12 der Viertel gemeint und es wurde lediglich, weil es einfacher zu schreiben ist, die Sechzehntel-Notation verwendet? Ich habe den Eindruck, das es gar nicht selten sein sollte, dass die Notation weniger exakt „wörtlich“ gemeint ist, sondern lediglich das Vehikel der Notation nutzt, die dann im Detail doch feinere aber schwere exakt zu notierende Ausführung vom Komponisten gefordert sein sollte, deren Grundlage die Spielpraxis der jeweiligen Zeit und des Komponisten ist. Die Notation ist also in meinen Augen zu verstehen als eine Art möglichst komprimiert und einfach zu lesen, das Nötige hinzuschreiben, damit man sich erinnern kann, was gemeint war, ohne allzu explizit und detailliert zu sein, was durch unnötig viel Information schwerer zu lesen ist. Mich würde interessieren, wie das unter Fachleuten diskutiert wird, ich selbst bin lediglich Musikfreund und Hobbymusiker. Ich würde mich freuen, von ihnen belehrt zu werden :)
Die Notation ist immer ein Vehikel. Es gibt einen Brief von Liszt, in dem er über seine Ausgabe eines Werkes von Weber schreibt, dass es unmöglich sei, das notwendige Rubato irgendwie in Noten oder Worte zu fassen. So ist es wohl auch bei dieser rhythmischen Figur in der cis-moll-Sonate...
Musik hat viel mit Mathematik zu tun - aber wie schön, dass sich diese Dinge mathematisch nie werden festlegen lassen!
English???
The link to the English introduction is indicated in the description 😉
ruclips.net/video/mLaKIVPSO80/видео.html
@@bernhardruchti thank you!
Herr Ruchti, Sie halten mich von der Arbeit ab! Ich wollte heute Morgen vorankommen, doch dann Ihr Video gesehen und die Arbeit sofort beiseitegelegt. Sehr interessant!
Ich finde es extrem schwierig, die allegro con brio Stelle ab Tempo 120 präzise auszuführen. Man braucht schon einen leichtgängigen Flügel mit einer gut eingestellten Mechanik, um das zu spielen. Sie spielen das um das Tempo 125 herum, und ich meine auf dem Erard wird es auch nicht schneller gehen. Czerny schreibt 144-152. Kempff z.B. spielt ungefähr in diesem Bereich (ca. 145), ohne dass es zu schnell klingt (er hat aber einen perfekt regulierten modernen Flügel). Dagegen spielen M.Bilson und co. (ruclips.net/video/-A1a8PCQfP0/видео.html ) auf historischen Instrumenten es viel schneller, so um 170.
Falls es auf diesen historischen Instrumenten von M.Bilson problemlos möglich ist, so schnell zu spielen, erscheint das Tempo von Czerny um 150 schon fast als speziell für Amateure heruntergedreht und adoptiert :) Vielleicht könnten Sie mal ein Video dazu machen, und auf die unterschiedlichen Mechaniken eingehen? Warum waren die Instrumente von Mozart angeblich so schnell, und wurden dann langsamer, und dann erst später durch die doppelte Repetition (wie beim Erard) wieder schneller?
In an attempt to answer your interesting question:
There is an interesting article by Kenneth Mobbs, which deals with several action characteristics of historical pianos. The author measured precisely (amongst others features) the repetition speed of pianos on middle c. He measured 78 pianos in total, giving a rather detailed picture.
According to this article the fastest repetition was measured on an Erard of 1836. This double-escapement action is even faster than the fastest modern Steinway he measured. The Erard gave clear repetitions of 9.2 notes per second, the modern Steinways went up to an average of 8.3, with one reaching 8.7. So in terms of repetition speed, piano actions went downhill during the 20th century.
Amongst the Viennese pianos a Graf (1826) gave repetitions of 8 notes per second. Several earlier Broadwoods went even beyond this, with one reaching 8.8. That is almost as fast as the Erard (but without double-echappement) and it equals the best Steinway... This clear and detailed study proves that Schubert speed in Erlkönig would have caused problems on some pianos, but it was certainly possible on the better brands.
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Es wäre auf dem Érard, den ich hier benutze, problemlos möglich, das Allegro con brio wesentlich schneller zu spielen. Mein Tempo orientiert sich nicht an den Grenzen des Instrumentes, sondern an musikalischen Gesichtspunkten. Érard war um 1840 führend im Klavierbau, und seine Instrumente sind technisch weit entwickelt. Die Frage der Geschwindigkeit hat meines Erachtens auch nur beschränkt etwas mit Professionalität zu tun. Ein gemässigtes Tempo erfordert möglicherweise weniger Geläufigkeit in den Fingern, dafür aber umso mehr Qualitäten hinsichtlich Klang, Phrasierung, Atmung. Das Gewicht verschiebt sich einfach, und es ist alles eine Frage des Fokus.
@@jorislejeune Thank you for you reply. With this repetition they provide, one has to be very careful. Take a bad and a good piano which repeat both at around 9 notes per second. With the better one you have more tolerance, meaning you can play fast forte and piano and it sounds great, at the bad one, you may perform the repetition test hitting one key with two fingers at one specific key depth, but you will not be able to play anything fast. I used to have a grand with a built in silent system, where all technicians would tell me it was regulated well, but still I was not able to play e.g. chopin nr 2 from op 25 beyond the speed of 100.
In my opinion, the first movement of op 13 is very difficult if played faster than tempo 120, if played without cheating and you need a piano with a light action. You have e.g. the transitions from bar 48 - 49 and 138 -> 139 (left hand) where you have to play the same note with the same finger, which is extremely difficult at high speeds. Still Czerny considers the pathetique to be easy compared to the earlier sonatas.
Your reasoning suggests you are feeling your way towards WBMP, but you seem unwilling to take the final step to arrive there!
Ad nos, ad salutarem undam iterum venite Bernarde... :)
This has nothing to do with the double-beat theory. It's a purely musical approach, inspired by Franz Liszt's teachings.
😀