Sehr interessanter Beitrag. Deine Herangehensweise ans Thema Kritik gefällt mir, auch deshalb weil sie nicht reduktionistisch sondern wegweisend für nähergehendes Denken ist. Auf diese Art wird Kritik viel reizvoller und öffnet neue analytische Zugänge. Freue mich auf weitere Videos dieser Art
Geiles Video. Ich persönlich schaue mir Kritiken über Filme und Bücher immer dann an, wenn ich merke dass ich das Werk noch nicht einzuordnen weiß. Wenn ich selber nicht checke ob ich es gut oder schlecht fand oder was ich wo übersehen habe. Speziell die Mythcritic-Videos schaue ich mir an, weil sie eloquent vorgetragen werden und philosophische Blickwinkel auf Bücher und Charaktere aufzeigen - und deswegen schau ich mir da auch Videos zu Werken an, die ich schon meine zu verstehen und wo ich keinen Aha-Effekt mehr gesucht hätte. Und bei dem Ding mit Bram Stoker fällt mir der Spruch ein: „Wenn man lange genug hin schaut, lahmt jedes Pferd“. Klar, ein Edgar Allan Poe hätte bestimmt nicht so naturgetreu düster geschrieben, wenn er nicht in seinem Leben oder seiner Umwelt Inspiration gefunden hätte. Aber wenn man lange nach etwas in einer Biografie sucht (und die Idee bereits unterbewusst im Kopf ist), dann findet man das auch und dann wird über-interpretiert. Und ich glaube das war z.B. in der „Stoker war homosexuell“-Theorie der Fall
@@Paintonomicon danke vielmals! Freut mich sehr dass meine Perspektive interessant für dich ist, dem Spruch mit dem lahmenden Pferd kann ich nur zustimmen, kannte ich noch gar nicht, aber trifft sicher für viele Formen der Literaturkritik zu
Also ich habe aus den ersten drei Minuten gelernt, dass Gandalf letztendlich ein Produkt eines deutschen Malers ist, dessen Gedankenwelt wahrscheinlich durch die Sagen- und Märchenwelt Zentraleuropas geprägt wurde.
Erstmal: Ganz tolles Video, ich mag diese Videos von dir gerade deswegen, weil ich vieles anders sehe und ich dahe roft zum nachdenken angeregt werde. Ich bin von Hintergrund her kein Philosoph sondenr Historiker undkommen in meiner persönlichen Philosophie aus einer anderen Richtung als su (soweit ich dich einschätzen kann) und habe deswegen eine eitwas andere Meinung zum ganzen Thema Literaturkritik. Ich stimme dir grundsätzlich zu, dass das "herumwühlen" in Autorenbiographien nicht das Ende aller Dinge sein kann und darf. Ich glaube, es ist in unserer Zeit einmal so präsent, weil es die einfachste Art ist, Literatur zu analysieren. ("Werther hat Liebeskummer" -> "Goethe hatte in der Zeit auch Liebeskummer" fertig ist die Analyse, kann man einem Mittelstufler erklären) andererseits aber auch als (Über-)reaktion auf Geniekulte rund um Autoren in der Vergangenheit. Dass Autoren eben nicht nur geniale Leute sind, sie am grünen Tisch eine Gedankenwelt entwerfen, sondern mit ihren eigenen Traumata, Erlebnissen und Bedürfnissen daherkommen. Ich glaube persönlich, dass es wichtig ist, festzuhalten, dass jegliche Gedanken, egal ob es jetzt platonische Ideen oder Beschreibungen der Realität sind durch Menschen und damit durch "Sehepuncte" (Sorry, Historiker) geschehen. Und der "Sehepunct" des Autors nimmt nun mal eine hervorgehobene Bedeutung ein. Das heißt nicht, dass seine Erfahrungen und Perspektiven alles sind, worüber er schreibt, aber sind sind schon ein Kriterium dafür, welche Ideen er entwickelt und warum. Wenn ich jetzt Stoker nehme: ich kann absolut mit dir mitgehen, dass der zentrale Horror von Dracula sein kann, dass dich eine Macht gegen deinen Willen zum Bösen und zur Hölle verdammt. Aber gleichzeitig kann ich anerkennen, dass das Gefühl gegen deinen Willen zur Hölle verdammt zu sein eines ist, das ein schwuler Mann in viktorianischen England wahrscheinlich recht gut kennt. Ich galube, dass man sich mit den Ideen in Dracula auch ohne diese Kontext außeinandersetzen kann und wenn es ein gutes Buch ist, erkent mans ie auch so, aber ich glaube schon dass es hilft, sich neben dem eigenen Sehepunct auf das Buch aus noch andere (und idealerweise auch den des Autoren zu Gemüte zu führen). Ich nehme mal ein modernes Fantasy-Beispiel: Mistborn. SPOILER FÜR ÄRA 1 (Ja, mit Absicht, weil ich weiß, dass du es nicht magst). Mistborn stellte eine Menge Fragen und wirft viele Ideen auf, gerade in der Figur Sazed. Es präsentiert einen Menschen, der sich sein Leben lang mit Religionen beschäftigt hat und der mit seinen religiösen Lehrsätzen seinen Gefährten oft weiterhelfen konnte, nur um festzustellen, dass all quasi diese Religionen falsch liegen. Spannedes Thema. Und dann wird er selbst ein Gott. Noch spannender. Und dann helfen ihm all die in den Religionen versteckten naturwissenschaftlichen Lehrsätze dabei, seinen Job als Gott gut zu machen. Vollkommen idiotisch. Du hast dich damals zu Recht sehr darüber aufgeregt. Und ich glaube, der Schlüssel, warum Sanderson diese interessanten Fragen, die er da stellt nicht beantwortet liegt in seiner Biographie: Er ist Mormone. und für Mormonen müssen Naturwissenschaft und Religion am Ende zusammenlaufen und eine kosmische Wahrbheit bilden, es darf keine vom irdischen gelöste Metaphysik geben. Sanderson hat tolle Fragen aufgeworfen, aber bei der Antwort steht ihm seine Biographie im Weg. Und dass ich das weiß verändert Mistborn 3 für mich von einem unlogischen Buch zu einem logischen Buch, das sich selbst am Ende widerspricht, weil Idee und Biographie des Autors kollidiert sind.
Danke für diesen ausführlichen und einsichtsvollen Kommentar! Die Bemerkung, dass das viktorianische England für einen schwulen Mann die Hölle gewesen sein muss, ist mir durch Mark und Bein gegangen, da hast du wirklich einen guten Punkt gesehen. Das mit den Sehepunkten find ich ein hilfreiches Konzept, das du am Beispiel Sanderson/Sazed finde ich sehr schön klar gemacht hast; von daher hörst du von mir auch keinen Widerspruch, dein Kommentar liest sich für mich wie ein perfekter Kontrapunkt zu meinen eigenen Gedanken. Danke dafür.
Ich überlege gerade, ob ich jemals beim Lesen eines Buches an die Biografie der Autorin oder des Autors gedacht habe. Nein, ich fiel immer in die Geschichte oder wurde gestossen, gezogen... und ließ zu, dass ich von guten Geschichtenerzählenden hemmungslos angelogen, ausgetrickst und vielleicht biografisch gefüttert wurde, weil man 300 Seiten nicht ohne Blick ins Innere schreiben kann. Dass es sexuelle Varianten immer schon gab, überrascht mich jedenfalls nicht und ich muss auch nicht von einem Vorwort darauf hingewiesen werden. Deshalb lese ich die nicht :) Ich will ins Werk. Wie ich auch beim Bäcker lediglich ans Werk will und nicht an den Bäcker. Ja: und danke für das Video.
Stimme sehr zu. Psychologische Interpretationsansätze sind in den meisten Fällen Humbug, ebenso wie in der Schule often gehandhabte Rezeptions-Ästhetik, also jede Interpretation ist toll, weil jede*r sieht Kunst halt anders. Man sollte in Literaturwissenschaft etc. wieder mehr Hermeneutik - Interpretations-/Deutungslehre - machen.
Hey, vielen dank für das Video. Für mich hat Literatur Kritik die Aufgabe mir entweder Buchempfehlungen zu geben wenn ich nicht weiß was ich als nächstes Hören möchte oder um eine weitere meinung über ein Buch zu beiommen was ich schon gehört habe. Besten gruß.
ich hab vor äonen den ersten teil gelesen, der hat mich ziemlich kalt gelassen und der film hat mich dann so abgeschreckt, dass ich dem franchise den rücken gekehrt hab
@@mythcritic Ja der Film ist wirklich grausam, aber die Bücher fand ich damals ganz gut, das ist aber auch bei mir schon recht lange her. Find zur Zeit irgendwie nichts Neues, dass mich reizt, vielleicht wird es Zeit für eine erneute Lesung 😀
Sehr interessanter Beitrag. Deine Herangehensweise ans Thema Kritik gefällt mir, auch deshalb weil sie nicht reduktionistisch sondern wegweisend für nähergehendes Denken ist. Auf diese Art wird Kritik viel reizvoller und öffnet neue analytische Zugänge. Freue mich auf weitere Videos dieser Art
@@personmcpersonperson2893 danke vielmals!
Geiles Video.
Ich persönlich schaue mir Kritiken über Filme und Bücher immer dann an, wenn ich merke dass ich das Werk noch nicht einzuordnen weiß. Wenn ich selber nicht checke ob ich es gut oder schlecht fand oder was ich wo übersehen habe.
Speziell die Mythcritic-Videos schaue ich mir an, weil sie eloquent vorgetragen werden und philosophische Blickwinkel auf Bücher und Charaktere aufzeigen - und deswegen schau ich mir da auch Videos zu Werken an, die ich schon meine zu verstehen und wo ich keinen Aha-Effekt mehr gesucht hätte.
Und bei dem Ding mit Bram Stoker fällt mir der Spruch ein: „Wenn man lange genug hin schaut, lahmt jedes Pferd“. Klar, ein Edgar Allan Poe hätte bestimmt nicht so naturgetreu düster geschrieben, wenn er nicht in seinem Leben oder seiner Umwelt Inspiration gefunden hätte. Aber wenn man lange nach etwas in einer Biografie sucht (und die Idee bereits unterbewusst im Kopf ist), dann findet man das auch und dann wird über-interpretiert. Und ich glaube das war z.B. in der „Stoker war homosexuell“-Theorie der Fall
@@Paintonomicon danke vielmals! Freut mich sehr dass meine Perspektive interessant für dich ist, dem Spruch mit dem lahmenden Pferd kann ich nur zustimmen, kannte ich noch gar nicht, aber trifft sicher für viele Formen der Literaturkritik zu
Also ich habe aus den ersten drei Minuten gelernt, dass Gandalf letztendlich ein Produkt eines deutschen Malers ist, dessen Gedankenwelt wahrscheinlich durch die Sagen- und Märchenwelt Zentraleuropas geprägt wurde.
Erstmal: Ganz tolles Video, ich mag diese Videos von dir gerade deswegen, weil ich vieles anders sehe und ich dahe roft zum nachdenken angeregt werde. Ich bin von Hintergrund her kein Philosoph sondenr Historiker undkommen in meiner persönlichen Philosophie aus einer anderen Richtung als su (soweit ich dich einschätzen kann) und habe deswegen eine eitwas andere Meinung zum ganzen Thema Literaturkritik.
Ich stimme dir grundsätzlich zu, dass das "herumwühlen" in Autorenbiographien nicht das Ende aller Dinge sein kann und darf. Ich glaube, es ist in unserer Zeit einmal so präsent, weil es die einfachste Art ist, Literatur zu analysieren. ("Werther hat Liebeskummer" -> "Goethe hatte in der Zeit auch Liebeskummer" fertig ist die Analyse, kann man einem Mittelstufler erklären) andererseits aber auch als (Über-)reaktion auf Geniekulte rund um Autoren in der Vergangenheit. Dass Autoren eben nicht nur geniale Leute sind, sie am grünen Tisch eine Gedankenwelt entwerfen, sondern mit ihren eigenen Traumata, Erlebnissen und Bedürfnissen daherkommen.
Ich glaube persönlich, dass es wichtig ist, festzuhalten, dass jegliche Gedanken, egal ob es jetzt platonische Ideen oder Beschreibungen der Realität sind durch Menschen und damit durch "Sehepuncte" (Sorry, Historiker) geschehen. Und der "Sehepunct" des Autors nimmt nun mal eine hervorgehobene Bedeutung ein. Das heißt nicht, dass seine Erfahrungen und Perspektiven alles sind, worüber er schreibt, aber sind sind schon ein Kriterium dafür, welche Ideen er entwickelt und warum. Wenn ich jetzt Stoker nehme: ich kann absolut mit dir mitgehen, dass der zentrale Horror von Dracula sein kann, dass dich eine Macht gegen deinen Willen zum Bösen und zur Hölle verdammt. Aber gleichzeitig kann ich anerkennen, dass das Gefühl gegen deinen Willen zur Hölle verdammt zu sein eines ist, das ein schwuler Mann in viktorianischen England wahrscheinlich recht gut kennt. Ich galube, dass man sich mit den Ideen in Dracula auch ohne diese Kontext außeinandersetzen kann und wenn es ein gutes Buch ist, erkent mans ie auch so, aber ich glaube schon dass es hilft, sich neben dem eigenen Sehepunct auf das Buch aus noch andere (und idealerweise auch den des Autoren zu Gemüte zu führen).
Ich nehme mal ein modernes Fantasy-Beispiel: Mistborn. SPOILER FÜR ÄRA 1 (Ja, mit Absicht, weil ich weiß, dass du es nicht magst). Mistborn stellte eine Menge Fragen und wirft viele Ideen auf, gerade in der Figur Sazed. Es präsentiert einen Menschen, der sich sein Leben lang mit Religionen beschäftigt hat und der mit seinen religiösen Lehrsätzen seinen Gefährten oft weiterhelfen konnte, nur um festzustellen, dass all quasi diese Religionen falsch liegen. Spannedes Thema. Und dann wird er selbst ein Gott. Noch spannender. Und dann helfen ihm all die in den Religionen versteckten naturwissenschaftlichen Lehrsätze dabei, seinen Job als Gott gut zu machen. Vollkommen idiotisch. Du hast dich damals zu Recht sehr darüber aufgeregt.
Und ich glaube, der Schlüssel, warum Sanderson diese interessanten Fragen, die er da stellt nicht beantwortet liegt in seiner Biographie: Er ist Mormone. und für Mormonen müssen Naturwissenschaft und Religion am Ende zusammenlaufen und eine kosmische Wahrbheit bilden, es darf keine vom irdischen gelöste Metaphysik geben. Sanderson hat tolle Fragen aufgeworfen, aber bei der Antwort steht ihm seine Biographie im Weg. Und dass ich das weiß verändert Mistborn 3 für mich von einem unlogischen Buch zu einem logischen Buch, das sich selbst am Ende widerspricht, weil Idee und Biographie des Autors kollidiert sind.
Danke für diesen ausführlichen und einsichtsvollen Kommentar! Die Bemerkung, dass das viktorianische England für einen schwulen Mann die Hölle gewesen sein muss, ist mir durch Mark und Bein gegangen, da hast du wirklich einen guten Punkt gesehen. Das mit den Sehepunkten find ich ein hilfreiches Konzept, das du am Beispiel Sanderson/Sazed finde ich sehr schön klar gemacht hast; von daher hörst du von mir auch keinen Widerspruch, dein Kommentar liest sich für mich wie ein perfekter Kontrapunkt zu meinen eigenen Gedanken. Danke dafür.
@@mythcritic Freut mich, dass du es so siehst. Danke, dass dein Kanal Raum für so spannenden Austausch bietet.
@@Jan-gh7qi ist mir immer eine Freude, dafür ist er da!
Ich überlege gerade, ob ich jemals beim Lesen eines Buches an die Biografie der Autorin oder des Autors gedacht habe. Nein, ich fiel immer in die Geschichte oder wurde gestossen, gezogen... und ließ zu, dass ich von guten Geschichtenerzählenden hemmungslos angelogen, ausgetrickst und vielleicht biografisch gefüttert wurde, weil man 300 Seiten nicht ohne Blick ins Innere schreiben kann. Dass es sexuelle Varianten immer schon gab, überrascht mich jedenfalls nicht und ich muss auch nicht von einem Vorwort darauf hingewiesen werden. Deshalb lese ich die nicht :) Ich will ins Werk. Wie ich auch beim Bäcker lediglich ans Werk will und nicht an den Bäcker. Ja: und danke für das Video.
Stimme sehr zu. Psychologische Interpretationsansätze sind in den meisten Fällen Humbug, ebenso wie in der Schule often gehandhabte Rezeptions-Ästhetik, also jede Interpretation ist toll, weil jede*r sieht Kunst halt anders. Man sollte in Literaturwissenschaft etc. wieder mehr Hermeneutik - Interpretations-/Deutungslehre - machen.
@@braikingboss5346 fuck yeah!
Hey, vielen dank für das Video. Für mich hat Literatur Kritik die Aufgabe mir entweder Buchempfehlungen zu geben wenn ich nicht weiß was ich als nächstes Hören möchte oder um eine weitere meinung über ein Buch zu beiommen was ich schon gehört habe.
Besten gruß.
Wie ist denn eigentlich deine Meinung zu den Wächter Romanen von Sergei Lukjanenko ?
ich hab vor äonen den ersten teil gelesen, der hat mich ziemlich kalt gelassen und der film hat mich dann so abgeschreckt, dass ich dem franchise den rücken gekehrt hab
@@mythcritic Ja der Film ist wirklich grausam, aber die Bücher fand ich damals ganz gut, das ist aber auch bei mir schon recht lange her. Find zur Zeit irgendwie nichts Neues, dass mich reizt, vielleicht wird es Zeit für eine erneute Lesung 😀
Ich liebe dieses Video
@@der_Schriftsteller das freut mich sehr!
Der Autor ist tot