Ich erinnere mich noch, wie mein Philo-Prof, als es um Derrida ging, zunächst ein Foto vom jungen an die Wand warf, dann seine Philosophie referierte und anschließend ein unglückliches Foto vom alten zeigte: "Und so sieht man aus, wenn man das alles durchdacht hat!"
Die "Zur Einführung..." Reihe vom Junius Verlag kann ich insgesamt sehr empfehlen. Allerdings schwank die Qualität dort von Autor zu Autor, deshalb kann ich nicht garantieren, dass die zu Derrida gut ist. Einen Versuch ist es aber wert. Derrida ist ein sehr schwer zu verstehender Philosoph und wenn du das für das Studium brauchst, würde ich empfehlen erstmal die Grundlagen der französischen Sprachphilosophie zu verstehen. Es wird viel leichter Derrida zu folgen, wenn du folgende drei Konzepte verstehst: 1. Die Zeichentheorie von Saussure 2. Das Mythenkonzept bei Roland Barthes 3. Die symbolische Matrix bei Lacan.
zu ca min 30: also signifikanten sind zeichen und signifikate konzepte? sprich über bedeutungen, über die eigentlichen dinge, sprechen weder saussure, noch lacan oder derrida? bzw in freges terminologie könnte man sagen, derrida und co befassen sich ausschließlich mit den zeichen und (deren verhältnis zu) den sinnen sowie den begriffen, wobei letztere ja die bedeutung von (begriffs-)ausdrücken sind. aber mit den dingen, die unter die begriffe oder auch eigennamen fallen und dem verhältnis zwischen begriff und gegenstand, damit befassen sich diese autoren nicht(?)
Sofern ich dein "Begriff und "Gegenstand" richtig als "Beschreibung und Ding an sich" verstehe, kannst du von Derrida und co. nichts erwarten. Insofern die Sprach nach Derrida keine Realität abbilden kann, ist es unmöglich von den Gegenständen selbst zu sprechen. Selbstverständlich ist das absoluter Schwachsinn und ich empfehle sich dazu nominale Netzwerke anzuschauen. Dies ist einer der fundamentalen Ansätze der Wissenschaft, nämlich unterschiedliche Methodologien zu benutzen, die alle unabhängig voneinander sind aber, sofern gleiche Ergebnisse herauskommen, man sich wesentlich sicherer sein kann, dass etwas wahr ist. Deine 5 Sinne sind auch ein nominales Netzwerk. Nur weil du etwas siehst, muss es noch nicht existieren, aber wenn du etwas schmecken, riechen, fühlen, hören und sehen kannst, darfst du dir wesentlich sicherer sein das etwas existiert.
@@jasoncrow6048 Nein, beide Gleichsetzungen würde ich so nicht mitmachen wollen. Begriffe sind logische Entitäten, während Beschreibungen, so scheint es mir, wirklich Handlungen sind. Der Gegenstand ist die Sache, auf die man sich bezieht, wenn man von ihr spricht bzw. die den Begriff instanziiert. In wie fern das mit dem "Ding an sich" á la Kant übereinstimmt, kann ich nicht wirklich sagen. Aber nach all dem, was ich insbesondere in diesen Vorlesungen von dieser Idee verstanden habe, hängt an ihr viel mehr Mystik und, tatsächlich, Unsinn, als an dem vergleichsweise primitiven Konzept des Gegenstandes. Dennoch, du hast wohl recht damit, dass von Derrida und Konsorten zumindest in der Sprachphilosophie nix zu erwarten ist :) Mir ist nicht ganz klar was du hier mit "nominale Netzwerke" meinst. Neuronale Netzwerke? Bzw. das Prinzip? In wie weit gibt das Aufschlüsse über die Funktionsweise der Sprache? Zu deinem Beispiel muss ich sagen, dass meine Überzeugung, dass etwas existiert, ziemlich unabhängig davon ist, mit wieivelen Sinnen ich es erfahren habe. Ich habe z.B. noch nie Spülmittel geschmeckt - bin ich deswegen weniger sicher bzgl. der Existenz von Spülmittel als bzgl. der Existenz von Äpfeln? Ich glaube nicht. Auch Seen, Berge, Vulkane habe ich streng genommen noch nie gesehen, getastet, geschmeckt, ... denn von denen sehe, taste, schmecke, rieche, höre ich (die letzten drei sind hier sowieso so eine Sache...) wenn überhaupt nur einen Teil, sodass ich mir wenn überhaupt nur über die Existenz dieses Teiles sicher sein könnte. Spätestens aber bei intentionalen Entitäten stellt sich diese Idee als absurd, wenn nicht widersprüchlich heraus. Hast du schonmal (wortwörtlich) einen Gedanken gesehen? Deutschland gerochen? Angst geschmeckt? Hast du schonmal deine Erfahrung von einem Apfel gesehen? Also dein Sehen des Apfels gesehen? In der Tat, du KÖNNTEST deine Erfahrung niemals selbst erfahren (sehen, riechen, schmecken, ...). Wenn aber deine Erfahrung von einer Sache das ist, worauf du deine Überzeugung von ihrer Existenz begründest, dann kannst du dir wegen der Unsicherheit bzgl. der Existenz deiner Erfahrung, niemals sicher bzgl. der Existenz des erfahrenen Gegenstandes sein. Und davon, ob du etwas erfährst, hängt die Existenz der Sache selbst schon gleich nicht ab - das wäre ja Solipszismus par excellence!
@@jasoncrow6048 Das bleibt aber immer noch auf der Ebene der Wahrscheinlichkeiten. Man kann sich "wesentlich sicherer" sein, aber es ist eben nicht gewiss. Außerdem kann man sich dann relativ sicher sein, DASS etwas existiert, aber nicht, was das IST, das da existiert, allein schon deswegen, weil es so etwas wie "Nichtwissen über Nichtwissen" gibt. Das heißt, es fehlen uns Informationen, die wichtig sind, um zu bestimmen, was etwas tatsächlich ist und da wir nicht wissen, dass es diese Informationen gibt oder dass sie relevant sind, können wir nicht korrekt einschätzen, wann wir mit einem Urteil recht haben und wann nicht. Es mag so etwas wie eine eigentliche Wirklichkeit geben, aber alle Wege, zu dieser Wirklichkeit zu kommen, können immer nur Annäherungen sein. Selbst Popper, hinter den ja heutzutage nun wirklich keiner mehr zurückgeht, sieht ja ein, dass wir nur falsifizieren und nicht verifizieren können. Und natürlich sind solche Beobachtungen bei den meisten Alltagsgegenständen irrelevante Spitzfindigkeiten. Es ist völlig egal, ob ich meinen Stuhl jetzt korrekt als Stuhl erkenne oder ob da noch irgendwelche Realitätsebenen hinter verborgen sind, die mir nicht bewusst sind. Wenn es dann aber um Sprache geht und um die Frage, wie sie konstruiert wird oder um Basissätze im wissenschaftlichen Diskurs, dann sieht das schon ganz anders aus.
Signifikanten sind nicht Zeichen, sondern ein Zeichen besteht aus Signifikant und Signifikat. Die beiden gehören untrennbar zusammen und diese Einheit ist das Zeichen. So das Saussurische Modell, auf das sich Derrida bezieht. Also wenn ich sage "Pferd" (Signifikant) und was ich damit meine (Signifikat), das beides zusammen ist ein Zeichen. Ein tatsächliches Pferd auf der Weide wird "Referent" genannt.
@@luf.7648 Also sprichst du, wenn du "Pferd" sagst, nicht von Tieren, denn das wären Referenten, sondern von Signifikaten? Oder heißt "was ich damit meine" hier etwas anderes als "das, was mein Ausdruck bedeutet", "worauf ich mich beziehe"? Und was ist dann ein Signifikat? Eine Vorstellung? Dass der Signifikant ein physisches Objekt ist wie z.B. Schallwellen, Tinte auf Papier oder leuchtende Pixel-Lämpchen, das habe ich schon richtig verstanden, oder?
Herr Dr. Finkelde, danke für die Vorlesung
Ich erinnere mich noch, wie mein Philo-Prof, als es um Derrida ging, zunächst ein Foto vom jungen an die Wand warf, dann seine Philosophie referierte und anschließend ein unglückliches Foto vom alten zeigte: "Und so sieht man aus, wenn man das alles durchdacht hat!"
Nachdem ich mir die ersten drei Minuten dieser Vorlesung angehört habe, wundert mich das nicht mehr 🥴
Mehrfach angesehen, mehrfach mein Verständnis verbessert, vielen Dank.
love it!!
Es liegt nicht an Derrida, dass man kein Wort versteht. Vielleicht an mir???
Ich verstehe keinen Satz. Wo kann ich eine gute Einführung in das Thema finden?
Die "Zur Einführung..." Reihe vom Junius Verlag kann ich insgesamt sehr empfehlen. Allerdings schwank die Qualität dort von Autor zu Autor, deshalb kann ich nicht garantieren, dass die zu Derrida gut ist. Einen Versuch ist es aber wert. Derrida ist ein sehr schwer zu verstehender Philosoph und wenn du das für das Studium brauchst, würde ich empfehlen erstmal die Grundlagen der französischen Sprachphilosophie zu verstehen. Es wird viel leichter Derrida zu folgen, wenn du folgende drei Konzepte verstehst: 1. Die Zeichentheorie von Saussure 2. Das Mythenkonzept bei Roland Barthes 3. Die symbolische Matrix bei Lacan.
Ich muss jedes mal zusammenzucken, wenn er DErrida statt DerridA sagt.
Sind Sie zuckerkrank?
zu ca min 30: also signifikanten sind zeichen und signifikate konzepte? sprich über bedeutungen, über die eigentlichen dinge, sprechen weder saussure, noch lacan oder derrida?
bzw in freges terminologie könnte man sagen, derrida und co befassen sich ausschließlich mit den zeichen und (deren verhältnis zu) den sinnen sowie den begriffen, wobei letztere ja die bedeutung von (begriffs-)ausdrücken sind. aber mit den dingen, die unter die begriffe oder auch eigennamen fallen und dem verhältnis zwischen begriff und gegenstand, damit befassen sich diese autoren nicht(?)
Sofern ich dein "Begriff und "Gegenstand" richtig als "Beschreibung und Ding an sich" verstehe, kannst du von Derrida und co. nichts erwarten. Insofern die Sprach nach Derrida keine Realität abbilden kann, ist es unmöglich von den Gegenständen selbst zu sprechen.
Selbstverständlich ist das absoluter Schwachsinn und ich empfehle sich dazu nominale Netzwerke anzuschauen. Dies ist einer der fundamentalen Ansätze der Wissenschaft, nämlich unterschiedliche Methodologien zu benutzen, die alle unabhängig voneinander sind aber, sofern gleiche Ergebnisse herauskommen, man sich wesentlich sicherer sein kann, dass etwas wahr ist. Deine 5 Sinne sind auch ein nominales Netzwerk. Nur weil du etwas siehst, muss es noch nicht existieren, aber wenn du etwas schmecken, riechen, fühlen, hören und sehen kannst, darfst du dir wesentlich sicherer sein das etwas existiert.
@@jasoncrow6048 Nein, beide Gleichsetzungen würde ich so nicht mitmachen wollen. Begriffe sind logische Entitäten, während Beschreibungen, so scheint es mir, wirklich Handlungen sind. Der Gegenstand ist die Sache, auf die man sich bezieht, wenn man von ihr spricht bzw. die den Begriff instanziiert. In wie fern das mit dem "Ding an sich" á la Kant übereinstimmt, kann ich nicht wirklich sagen. Aber nach all dem, was ich insbesondere in diesen Vorlesungen von dieser Idee verstanden habe, hängt an ihr viel mehr Mystik und, tatsächlich, Unsinn, als an dem vergleichsweise primitiven Konzept des Gegenstandes.
Dennoch, du hast wohl recht damit, dass von Derrida und Konsorten zumindest in der Sprachphilosophie nix zu erwarten ist :)
Mir ist nicht ganz klar was du hier mit "nominale Netzwerke" meinst. Neuronale Netzwerke? Bzw. das Prinzip?
In wie weit gibt das Aufschlüsse über die Funktionsweise der Sprache?
Zu deinem Beispiel muss ich sagen, dass meine Überzeugung, dass etwas existiert, ziemlich unabhängig davon ist, mit wieivelen Sinnen ich es erfahren habe.
Ich habe z.B. noch nie Spülmittel geschmeckt - bin ich deswegen weniger sicher bzgl. der Existenz von Spülmittel als bzgl. der Existenz von Äpfeln? Ich glaube nicht.
Auch Seen, Berge, Vulkane habe ich streng genommen noch nie gesehen, getastet, geschmeckt, ... denn von denen sehe, taste, schmecke, rieche, höre ich (die letzten drei sind hier sowieso so eine Sache...) wenn überhaupt nur einen Teil, sodass ich mir wenn überhaupt nur über die Existenz dieses Teiles sicher sein könnte.
Spätestens aber bei intentionalen Entitäten stellt sich diese Idee als absurd, wenn nicht widersprüchlich heraus. Hast du schonmal (wortwörtlich) einen Gedanken gesehen? Deutschland gerochen? Angst geschmeckt?
Hast du schonmal deine Erfahrung von einem Apfel gesehen? Also dein Sehen des Apfels gesehen?
In der Tat, du KÖNNTEST deine Erfahrung niemals selbst erfahren (sehen, riechen, schmecken, ...). Wenn aber deine Erfahrung von einer Sache das ist, worauf du deine Überzeugung von ihrer Existenz begründest, dann kannst du dir wegen der Unsicherheit bzgl. der Existenz deiner Erfahrung, niemals sicher bzgl. der Existenz des erfahrenen Gegenstandes sein.
Und davon, ob du etwas erfährst, hängt die Existenz der Sache selbst schon gleich nicht ab - das wäre ja Solipszismus par excellence!
@@jasoncrow6048 Das bleibt aber immer noch auf der Ebene der Wahrscheinlichkeiten. Man kann sich "wesentlich sicherer" sein, aber es ist eben nicht gewiss. Außerdem kann man sich dann relativ sicher sein, DASS etwas existiert, aber nicht, was das IST, das da existiert, allein schon deswegen, weil es so etwas wie "Nichtwissen über Nichtwissen" gibt. Das heißt, es fehlen uns Informationen, die wichtig sind, um zu bestimmen, was etwas tatsächlich ist und da wir nicht wissen, dass es diese Informationen gibt oder dass sie relevant sind, können wir nicht korrekt einschätzen, wann wir mit einem Urteil recht haben und wann nicht. Es mag so etwas wie eine eigentliche Wirklichkeit geben, aber alle Wege, zu dieser Wirklichkeit zu kommen, können immer nur Annäherungen sein. Selbst Popper, hinter den ja heutzutage nun wirklich keiner mehr zurückgeht, sieht ja ein, dass wir nur falsifizieren und nicht verifizieren können.
Und natürlich sind solche Beobachtungen bei den meisten Alltagsgegenständen irrelevante Spitzfindigkeiten. Es ist völlig egal, ob ich meinen Stuhl jetzt korrekt als Stuhl erkenne oder ob da noch irgendwelche Realitätsebenen hinter verborgen sind, die mir nicht bewusst sind. Wenn es dann aber um Sprache geht und um die Frage, wie sie konstruiert wird oder um Basissätze im wissenschaftlichen Diskurs, dann sieht das schon ganz anders aus.
Signifikanten sind nicht Zeichen, sondern ein Zeichen besteht aus Signifikant und Signifikat. Die beiden gehören untrennbar zusammen und diese Einheit ist das Zeichen. So das Saussurische Modell, auf das sich Derrida bezieht. Also wenn ich sage "Pferd" (Signifikant) und was ich damit meine (Signifikat), das beides zusammen ist ein Zeichen. Ein tatsächliches Pferd auf der Weide wird "Referent" genannt.
@@luf.7648 Also sprichst du, wenn du "Pferd" sagst, nicht von Tieren, denn das wären Referenten, sondern von Signifikaten? Oder heißt "was ich damit meine" hier etwas anderes als "das, was mein Ausdruck bedeutet", "worauf ich mich beziehe"? Und was ist dann ein Signifikat? Eine Vorstellung?
Dass der Signifikant ein physisches Objekt ist wie z.B. Schallwellen, Tinte auf Papier oder leuchtende Pixel-Lämpchen, das habe ich schon richtig verstanden, oder?