Ist der Notruf in Not? 112 wird immer häufiger als Service-Hotline missbraucht | REPORTAGE

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  • Опубликовано: 27 авг 2024
  • Es ist früher Nachmittag und die große Medienwand in der Leitstelle der Feuerwehr Krefeld blinkt rot. Kein gutes Zeichen, aber eines, an das sich die Disponenten Thomas Dwars und Dennis Stegt gewöhnt haben. Denn es bedeutet, dass derzeit keiner der insgesamt elf in Krefeld eingesetzten Rettungswagen mehr verfügbar ist. Wenn nun etwas passiert, müssen entweder Einsatzmitteln aus dem Umland helfen oder die Patienten warten. Beides keine gute Situation, doch leider mittlerweile eine, die schon fast Alltag geworden ist. Denn der Rettungsdienst in Krefeld, aber auch in vielen anderen Teilen in Deutschland, kommt immer mehr an seine Belastungsgrenze. Und vor allem vermeintliche Bagatelleinsätze sind ein Auslöser dafür.
    Davon kann Patrick von Branconi ein Lied singen. Der Notfallsanitäter ist seit 2003 bei der Berufsfeuerwehr und stellt wie seine Kollegen auch zunehmend fest, dass der Rettungsdienst immer mehr als Taxianbieter mit Blaulicht missbraucht wird. „Früher, wenn man im Sport umgeknickt ist, hat der Kollege einen ins Krankenhaus gefahren. Jetzt wird der Rettungswagen angerufen, obwohl 30 Leute mit Auto drumherum stehen“, erzählt Branconi. Ein Klassiker sei zudem der Fall, wo der Patient um 4 Uhr nachts den Notruf wählt, obwohl er seit drei Tagen Bauchschmerzen hat. Besser wäre gewesen, den Kassenärztlichen Notdienst zu kontaktieren. Doch da gibt es Wartezeiten und die 112 kommt doch immer - so die landläufige Meinung. Ist der Notruf also in Not?
    Ist es mit der 112 wirklich schneller? „Die Leute wissen genau, was sie am Notruf sagen müssen, damit wir etwas schicken“, beklagt Leitstellendisponent Dennis Stegt. Und Kollege Thomas Dwars ergänzt: „Die Leute sagen Stichworte, bei denen wir handeln müssen, obwohl es gar nicht so ist.“ Doch mit Blaulicht direkt zum Arzt, das ist ein Trugschluss. Denn auch Patienten aus dem Rettungswagen kommen zunächst in den Wartebereich, wenn sie sich in keiner lebensbedrohlichen Situation befinden.
    Seit Wochen kommt es regelmäßig zur Vollauslastung des Rettungsdienstes in Krefeld. 3.000 Telefonanrufe nehmen die Disponenten jährlich pro Person an - mehrere zehntausend Einsätze resultieren dadurch. Es ist nur ein geringer Prozentteil, der wirklich ein lebensbedrohlicher Notfall ist, fasst Stegt das Hauptproblem aus seiner persönlichen Sicht zusammen. „Der Bürger ist bequemer geworden. Die Feuerwehr ist zum Servicedienstleister geworden.“ Valide Zahlen gibt es derzeit nicht.
    Das erleben auch Notfallsanitäter von Branconi und Rettungssanitäter Erik Hüning. Auch heute waren die beiden ersten Einsätze, zu denen sie ausrücken mussten, welche, zu denen auch ein einfacher Krankentransportwagen gereicht hätte. Ein Hausarzt hatte die 112 gewählt, weil sein Patient unklare Bauchschmerzen hatte und ins Krankenhaus musste. Im zweiten Fall war eine Dame morgens aus dem Bett im Altenheim gestürzt. Das Personal wählte am Nachmittag den Notruf, um doch sicherheitshalber abklären zu lassen, ob alles in Ordnung sei. Fälle, in denen rettungsdienstliches Fachpersonal benötigt wird? Gewiss. Aber ob es der Rettungswagen mit Blaulicht sein muss? Eher nicht. Eine große medizinische Versorgung findet nicht statt, es geht nur um den Transport ins Krankenhaus. „Wir müssen lediglich einschätzen, ob der Patient kritisch oder nicht ist“, fasst es von Branconi zusammen.
    Dass der Trend zu der Bagatelleinsätze seit gut zwei Jahren mehr zunimmt, stellen immer mehr Rettungskräfte fest. Doch eine objektive Bewertung der Situation gibt es noch nicht. Daher hat die Feuerwehr Krefeld bei der Hochschule Niederrhein derzeit eine Studie in Auftrag gegeben. In dieser soll herausgefunden werden, ob es die unnötigen Anrufe sind oder die echten Notfälle, die zu einer Zunahme an Einsätzen führt. „Wir wollen klären, ob es Probleme mit der ambulanten Behandlung gibt. Möglicherweise betrieben die Patienten weniger Vorsorge während Corona“, erklärt Andre Wiegratz, der Ärztliche Leiter Rettungsdienst. Er hat vor allem einen großen Kritikpunkt: „Es gibt Länder mit zentralen Notrufnummern. In Deutschland geben wir den Bürgern jedoch mehrere Auswahlmöglichkeiten. Ich glaube, dass es nicht sinnvoll ist, weil die Menschen nicht wissen, was für sie am besten, sondern am einfachsten ist.“
    Bericht: Leonhard Giesberts und Christian Herse
    Schnitt: Leonhard Giesberts
    Dieses Video ist eine Produktion von Blaulicht-News Krefeld. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Website www.blaulicht-news-krefeld.de.
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    Leitung: Leonhard Giesberts
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Комментарии • 32

  • @julianklusmann8247
    @julianklusmann8247 Год назад +6

    Unglaublich wegen was die Rettung gerufen wird. Die Leute sind einfach so bequem geworden

    • @prisonindustry5227
      @prisonindustry5227 5 месяцев назад

      Alle Einsatzkräfte werden mittlerweile wegen Lappalien gerufen.

  • @baffibaffi1
    @baffibaffi1 Год назад +5

    Danke für euren Einsatz🙏👍🏼

  • @kingjulian8724
    @kingjulian8724 Год назад +9

    Was ich am deutschen System nicht verstehe ist, warum so gut wie nie ein KTW oder NKTW zu Einsätzen geschickt wird? In so gut wie jeder Doku sieht man, dass eigentlich NUR RTWs disponiert werden, obwohl zu diversen Einsätzen ein KTW mehr als ausreichend wären.
    P.s.: die Werbung des RUclips Videos war für eine Taxi Firma - mehr als passend

    • @rubish3753
      @rubish3753 Год назад +1

      Ein KTW ist in Deutschland an einen Transportschein gebunden und einen Arzt der diesen schreibt. Ein Mensch der die 112 wählt war meistens nicht vorher beim Arzt. Sind alle RTWs draußen kann natürlich auch ein KTW zum RTW Einsatz fahren als FR

    • @dens4680
      @dens4680 Год назад +1

      @@rubish3753 Das ist nicht zwingend so. Es gibt komplette Bundesländer (zB BY), die vormachen, das man die KTP-RL des G-BA auch so auslegen kann, dass auch KTW einen Patienten ohne vorher vorliegenden Transportschein anfahren und transportieren können (und dann genau wie der RTW ihren Schein nachträglich in der Klinik oder angefahrenen Arztpraxis bekommen).

    • @rubish3753
      @rubish3753 Год назад

      @@dens4680 also ich möchte festhalten das ich ja auch in Deutschland geschrieben habe 🤫😝😁 ja kann aber sein das du recht hast, ich kann nur für 3 Bundesländer sprechen

    • @dens4680
      @dens4680 Год назад

      @@rubish3753 Auch wenn es manche gerne anders hätten, Bayern ist (noch) Deutschland. :D
      Ich kenne wie gesagt auch genügend Bundesländer die das unnötig eng auslegen, aber eben unnötig eng. Die Regelung die dahinter steckt ist bundesweit die gleiche. Wenns in BY geht, muss es woanders auch gehen.

    • @rubish3753
      @rubish3753 Год назад

      @@dens4680 naja an sich nicht da muss ja nur der staatliche Rettungsdienst zustimmen. BRK*Hust * und dann gibts halt niemanden der was dagegen sagen kann 😅

  • @tiga0006
    @tiga0006 Год назад +1

    Puh.
    Zum Beispiel mit dem Umknicken auf dem Fußballfeld und dem anderen Beispiel mit dem Bänderriss: da hätte ich ganz sicher den Krankenwagen gerufen O_o.
    Und da denke ich nicht an Bequemlichkeit ("Taxi rufen") sondern an optimaler Versorgung.
    Dann bin ich wohl unbewusst Teil des Problems....

    • @xLumixx1
      @xLumixx1 Год назад

      Aber was versorgt der RTW? Der kühlt höchstens und schient etwas. Nichts was man als Laie nicht auch hinbekommt

    • @RescueNurse
      @RescueNurse Год назад +6

      Wenn es starke Schmerzen verursacht (wirklich nicht mehr auszuhalten) ist der Rettungsdienst dann durchaus indiziert!
      Ansonsten selbst ins Krankenhaus.

  • @Bambi160980
    @Bambi160980 Год назад +4

    Das Problem sind nicht die Menschen, sondern das System. Jeder, der sich unsicher ist, was zu tun ist sollte die 112 anrufen können. Da mache ich niemandem einen Vorwurf. Dann müssen die Profis aber entscheiden können. Die Freiheit haben kein Fahrzeug zu schicken oder direkt an den ärztlichen Bereitschaftsdienst oder einen Arzt am Telefon weiter zu verbinden. Die Freiheit haben vor Ort sich gegen einen Transport zu entscheiden. Die Freiheit den Patienten direkt an den Hausarzt zu verweisen oder sogar dort hin zu fahren statt ins Krankenhaus.

  • @philipstephan7688
    @philipstephan7688 Год назад +4

    Also die Idee für mehr Transport-Dienste mit weniger Personal wären denke ich nicht schlecht.
    Ich hatte mal einen Arbeitsunfall und musste einfach nur ins nächste Krankenhaus (keine 2Km entfernt).Der RTW konnte nix sinnvolles machen,außer transportieren.Da hätte in meinem Fall auch ein Taxi gereicht,da die Erste Hilfe schon erledigt war und nur noch Nachsorge anstand.
    Wenn dafür ein RTW blockiert wird,ist das weniger sinmvoll.
    Da kann man besser z.B. ausgebildete Taxifahrer einsetzen die eh unterwegs sind und die dann für sowas extra entlohnt werden. (Alles ohne Blut etc)

    • @RescueNurse
      @RescueNurse Год назад +1

      Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die BG oder Kranklasse die Kosten für ein Taxi nicht übernehmen würden...
      Dafür kann und soll man sogar ein Taxi nehmen!

    • @philipstephan7688
      @philipstephan7688 Год назад

      @@RescueNurse Das wäre bei uns auch eig kein Thema,aufgrund einer BG Vorschrift musste jedoch in diesem speziellen Fall wohl sogar ein RTW kommen.

    • @RescueNurse
      @RescueNurse Год назад

      @@philipstephan7688 genau das ist der Quatsch! Es gibt keine BG Vorschrift, die das vorsieht!

    • @philipstephan7688
      @philipstephan7688 Год назад

      @@RescueNurse Okay,sagen wir es anders:Nicht die BG selbst,sondern das Sicherheitsdatenblatt hat es indiziert und der Sanitäter im Werk hat sich für n RTW entschieden.

    • @RescueNurse
      @RescueNurse Год назад

      @@philipstephan7688 macht es trotzdem nicht sinnvoll oder notwendig 😅🙈 aber die Diskussion führe ich auch nicht mehr 🤷

  • @michaelmannheims2828
    @michaelmannheims2828 11 месяцев назад

    das weiss doch jeder erst 116 117 anrufen dann enscheiden die

    • @ths7489
      @ths7489 9 месяцев назад

      Blöd nur wenn die KVB dann nach vielleicht mehr als 45min in der Warteschleife feststellt, dass es sich um einen Kritischen Patienten handelt. Das ist nicht die Lösung, zumindest nicht aktuell bei diesen Wartezeiten.

  • @yvig5534
    @yvig5534 11 месяцев назад

    Finde die Doku bzw Aussagen teils unprofessionell. Komme selber aus dem Bereich beruflich. Habe damals für mich Notruf gewählt, nach 3 Tagen Augenschmerzen, die innerhalb weniger Stunden unerträglich wurden. Beginnende Meningitis. Ja, ich hatte 3 Tage Schmerzen, die ich ursprünglich am nächsten morgen beim HA abklären lassen wollte. Gott Sei Dank habe ich nicht gewartet in dieser Nacht. Aber ich wurde mit dem hier typisch dargestellten "Sie hätten ja aber nun auch noch weiter bis morgen früh warten können." ins KH gefahren. Hier wird alles über einen Kamm gescherrt.

    • @firemen2810
      @firemen2810 6 месяцев назад +1

      Die Sache ist ja nicht die, dass man pauschalisiert und sagt:"Man hätte noch bis morgen warten können". Es geht ganz einfach darum, ob man für bestimmte Sachen unbedingt einen RTW benötigt und ob es nicht vielleicht auch mit dem Taxi oder einem Freund der einen ins Krankenhaus fährt tun würde. Ein Rettungswagen ist für Notfälle gedacht, nicht um Patienten von A nach B zu fahren.

    • @friednatur2557
      @friednatur2557 3 месяца назад +1

      Ja aber Drei Tage sind echt genug um zum HA oder selber zu, Krankenhaus zum KH zu gehen.