Hallo, folgende Frage: Kann ich auch dann, wenn der Bebauungsplan keine Gebiete der BauNVO heranzieht und auch kein faktisches Baugebiet vorliegt von dem Gebietsgewährleistungsanspruch reden? Also auf Ihrer Folie die erste Konstellation?
Nein - ohne Festsetzung eines Gebiets bzw. ohne faktisches Gebiet kein Gebietsgewährleistungsanspruch. Wenn der Bebauungsplan eine andere Festsetzung trifft, die nichts mit der Gebietsart zu tun hat, aber gleichwohl drittschützend ist (z. B. besondere Ruhezone für die Nachbarschaft), dann firmiert dies nicht unter Gebietsgewährleistung.
Super hilfreiches Video ! Eine Frage habe ich allerdings noch. Wo liegt der Unterschied zwischen dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit und dem Gebietsprägungserhaltungsanspruch? Oder lassen sich die Begriffe synonym verwenden?
Die Begriffe sind nicht synonym. Auch wenn das BVerwG dies sprachlich nicht deutlich differenziert, ist die Gebietsprägung in www.bverwg.de/020212U4C14.10.0 entwickelt worden und geht über die reine Gebietserhaltung hinaus.
Gutes Video, lieben Dank! Mir ist dennoch eine Sache immer noch nicht klar geworden: Woraus folgt, dass bei einigen Normen der Nachbar qualifiziert und individuell betroffen sein muss, um Drittschutz aus der Norm ableiten zu können, und bei anderen ein bloßer Verstoß gegen die Norm genügt, um diesen zu rügen?
Das hat sich durch die Rechtsprechung so ergeben... Qualifiziert und individualisiert gehört zu 15 I 2 BauNVO. Festsetzungen nach 2 ff. BauNVO sind schon für sich genommen drittschützend.
Zunächst mal gutes Video. Hab ich das so richtig verstanden?: Der Gebietsgewährleistungsanspruch folgt aus § 30 I BauGB iVm. der BauNVO und gewährt allen innerhalb der Schicksalsgemeinschaft letztlich das subjektive Recht, dass alle anderen sich an die Vorschriften der BauNVO halten. Der Gebietsprägungserhaltungsanspruch folgt ebenfalls aus § 30 I BauGB iVm. der BauNVO und ermöglicht es dem Nachbarn, gegen Vorhaben vorzugehen, die zwar in einem Gebiet nach dem Wortlaut der BauNVO zulässig sind, aber sich generell nicht in die Gebietstypik einfügen können. Der Gebietserhaltungsanspruch folgt aus § 15 BauNVO und ermöglicht das Vorgehen gegen individuelle Vorhaben, die aufgrund der Kriterien des § 15 BauNVO unzulässig sind, da ihre Zulassung den Gebietscharakter verändern würde. Nur erschließt sich mir noch nicht so ganz, wofür dann der Gebietsprägungserhaltungsanspruch gut ist; könnte man Ihren Krematoriumsfall nicht ebenso über § 15 BauNVO lösen? Ist der Unterschied, dass der Gebietsprägungserhaltungsanspruch abstrakt-generell ist und der Gebietserhaltungsanspruch konkret-individuell? Weiterer Punkt: wäre es nicht näher am Gesetzeswortlaut ("Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig *und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist* ..."), wenn man auch bei der Drittanfechtung den normalen Begründetheitsaufbau wählt und dann unter dem Punkt "Verletzung in seinen Rechten" herausarbeitet, dass zB. die Baugenehmigung zwar rechtswidrig ist, dies der Klage aber nicht zum Erfolg verhilft, da keine drittschützende Norm verletzt ist?
Vorsicht beim pauschalen Verweis auf „§ 15 BauNVO“: § 15 I 1 und § 15 I 2 sind strikt voneinander zu trennen! Der Krematoriumsfall lässt sich jedenfalls nach der Rspr. nicht über § 15 I 1 BauNVO lösen, da die Rspr. davon ausgeht, dass Krematorien schon generell nicht in Gewerbegebiete gehören (ungeschriebenes TBM des § 30 I BauGB i. V. m. BauNVO). Wenn die Gebietstypik eine bestimmte Art von Vorhaben nicht generell ausschließt, ist Raum für § 15 I 1 BauNVO mit der Frage, ob im Einzelfall das Vorhaben trotzdem nicht in das Gebiet passt. § 15 I 2 BauNVO hat mit dem Gebietserhaltungs-/prägungsanspruch dagegen nichts zu tun; er ist natürlich seinerseits drittschützend (Abwehr konkreter Belästigungen im Einzelfall). Zum weiteren Punkt: Das wäre nur scheinbar näher am Wortlaut und entspricht auch weder der Praxis noch den Examensanforderungen. Ist der Kläger nicht Adressat eines VA, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist schon für seine Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die 1. ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist und 2. die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 -, juris, Rn. 14). Für die Beurteilung der objektiven Rechtwidrigkeit des VA liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen für das VG nicht vor.
Ich verrotte hier seit zwei Tagen in den letzten Zügen meiner Vorbereitung und möchte mich einfach nur bei ihnen bedanken!
Danke, ich drücke Ihnen die Daumen!
wirklich ein hammer Video! super erklärt
vielen dank für das video!
Cooles Video!
Hallo, folgende Frage: Kann ich auch dann, wenn der Bebauungsplan keine Gebiete der BauNVO heranzieht und auch kein faktisches Baugebiet vorliegt von dem Gebietsgewährleistungsanspruch reden? Also auf Ihrer Folie die erste Konstellation?
Nein - ohne Festsetzung eines Gebiets bzw. ohne faktisches Gebiet kein Gebietsgewährleistungsanspruch. Wenn der Bebauungsplan eine andere Festsetzung trifft, die nichts mit der Gebietsart zu tun hat, aber gleichwohl drittschützend ist (z. B. besondere Ruhezone für die Nachbarschaft), dann firmiert dies nicht unter Gebietsgewährleistung.
Vielen Dank
Gerne
Super hilfreiches Video ! Eine Frage habe ich allerdings noch. Wo liegt der Unterschied zwischen dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit und dem Gebietsprägungserhaltungsanspruch? Oder lassen sich die Begriffe synonym verwenden?
Die Begriffe sind nicht synonym. Auch wenn das BVerwG dies sprachlich nicht deutlich differenziert, ist die Gebietsprägung in www.bverwg.de/020212U4C14.10.0 entwickelt worden und geht über die reine Gebietserhaltung hinaus.
Vielen Dank für das Video ! Es war super hilfreich :) Wäre es möglich, dass Sie auch ein Lernvideo zu § 80a VwGO machen ?
Ist notiert!
Gutes Video, lieben Dank! Mir ist dennoch eine Sache immer noch nicht klar geworden:
Woraus folgt, dass bei einigen Normen der Nachbar qualifiziert und individuell betroffen sein muss, um Drittschutz aus der Norm ableiten zu können, und bei anderen ein bloßer Verstoß gegen die Norm genügt, um diesen zu rügen?
Das hat sich durch die Rechtsprechung so ergeben... Qualifiziert und individualisiert gehört zu 15 I 2 BauNVO. Festsetzungen nach 2 ff. BauNVO sind schon für sich genommen drittschützend.
Zunächst mal gutes Video.
Hab ich das so richtig verstanden?:
Der Gebietsgewährleistungsanspruch folgt aus § 30 I BauGB iVm. der BauNVO und gewährt allen innerhalb der Schicksalsgemeinschaft letztlich das subjektive Recht, dass alle anderen sich an die Vorschriften der BauNVO halten.
Der Gebietsprägungserhaltungsanspruch folgt ebenfalls aus § 30 I BauGB iVm. der BauNVO und ermöglicht es dem Nachbarn, gegen Vorhaben vorzugehen, die zwar in einem Gebiet nach dem Wortlaut der BauNVO zulässig sind, aber sich generell nicht in die Gebietstypik einfügen können.
Der Gebietserhaltungsanspruch folgt aus § 15 BauNVO und ermöglicht das Vorgehen gegen individuelle Vorhaben, die aufgrund der Kriterien des § 15 BauNVO unzulässig sind, da ihre Zulassung den Gebietscharakter verändern würde.
Nur erschließt sich mir noch nicht so ganz, wofür dann der Gebietsprägungserhaltungsanspruch gut ist; könnte man Ihren Krematoriumsfall nicht ebenso über § 15 BauNVO lösen? Ist der Unterschied, dass der Gebietsprägungserhaltungsanspruch abstrakt-generell ist und der Gebietserhaltungsanspruch konkret-individuell?
Weiterer Punkt: wäre es nicht näher am Gesetzeswortlaut ("Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig *und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist* ..."), wenn man auch bei der Drittanfechtung den normalen Begründetheitsaufbau wählt und dann unter dem Punkt "Verletzung in seinen Rechten" herausarbeitet, dass zB. die Baugenehmigung zwar rechtswidrig ist, dies der Klage aber nicht zum Erfolg verhilft, da keine drittschützende Norm verletzt ist?
Vorsicht beim pauschalen Verweis auf „§ 15 BauNVO“: § 15 I 1 und § 15 I 2 sind strikt voneinander zu trennen! Der Krematoriumsfall lässt sich jedenfalls nach der Rspr. nicht über § 15 I 1 BauNVO lösen, da die Rspr. davon ausgeht, dass Krematorien schon generell nicht in Gewerbegebiete gehören (ungeschriebenes TBM des § 30 I BauGB i. V. m. BauNVO). Wenn die Gebietstypik eine bestimmte Art von Vorhaben nicht generell ausschließt, ist Raum für § 15 I 1 BauNVO mit der Frage, ob im Einzelfall das Vorhaben trotzdem nicht in das Gebiet passt. § 15 I 2 BauNVO hat mit dem Gebietserhaltungs-/prägungsanspruch dagegen nichts zu tun; er ist natürlich seinerseits drittschützend (Abwehr konkreter Belästigungen im Einzelfall).
Zum weiteren Punkt: Das wäre nur scheinbar näher am Wortlaut und entspricht auch weder der Praxis noch den Examensanforderungen. Ist der Kläger nicht Adressat eines VA, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist schon für seine Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die 1. ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist und 2. die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 -, juris, Rn. 14). Für die Beurteilung der objektiven Rechtwidrigkeit des VA liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen für das VG nicht vor.