Ich hab seine Antiquiertheit des Menschen ca. 2006 oder 2007 aus der Schulbibliothek ausgeliehen... Es ist geistig eines der wertvollsten Bücher, die ich besitze, und auch monetär, denn wenn die Schulbibliothek des Sophie Scholl Berufskollegs in Duisburg Marxloh das jemals zurückforderte und auf Zinsen bestünde, so wäre ich verschuldet bis auch der letzte meiner Nachkommen zum Automaten geworden ist und seine Humanität komplett verloren hat.
Was ist eigentlich an der Stelle mit dem "geselligen Akt" in den Stahlgewittern so schwer zu verstehen? Wenn man vier Wochen im Dreckloch sitzt und rund um die Uhr mit Granaten bechossen wird, empfindet man es natürlich erstmals als Befreiung, wenn man aus diesem Loch herauskommt, und sei es auch nur zu einem Angriff. Das ist keine Ästhetisierung des Schreckens, sondern ein Aufatmen nach dem Schrecken. Der Angriff, bei dem man sich bewegen kann, wird als weniger bedrohlich empfunden, als das passive Abwarten im Graben, bis es einen erwischt. Mehr steckt hinter dieser viel zitierten Stelle gar nicht dahinter. Auf jeden Fall keine Kriegsverherrlichung.
Herr Gott, gibt es denn keinen begabten Lippenleser hier unter den Zuschauern, der den tonlosen Abschnitt ab 47:28 dechiffrieren könnte? Selbst in der Transcript-Fassung steht an der Stelle lediglich "unverständlich"!
Heiner Müller ist das Gegenteil eines Zynikers, nämlich ein engagierter Intellektueller. Auch das Gegenteil eines Nihilisten, nämlich ein Utopist. Alle Herren (und die Dame) beweisen hier, dass sie weder das Werk von Jünger, noch das von Müller gelesen haben.
Finde es merkwürdig, dass keiner auf die Raffinesse von Amanda Herzlos zu sprechen kommt. Die Geschichte in der Geschichte und wie sich das überschneidet ist ja nicht ganz kunstlos.
Die Verwandtschaft von Müller zu Carl Schmitt und Ernst Jünger besteht darin, dass alle drei Herren Geschichtsverlierer sind. Carl Schmitt setzte auf einen Staat, der in die Binsen gegangen ist (das dritte Reich), Heiner Müller auf die DDR und Jünger auf das Kaiserreich. Ernst Jünger hat gleich vier deutsche Staaten untergehen sehen, Carl Schmitt drei, Heiner Müller zwei. Das ist die Verwandtschaft. Nicht der intellektuelle Hochmuth, das ist völliger Schwachsinn.
"Geschichtsverlierer" hört sich gerade so an, als wäre die Welt nichts andres als eine Börse, an der man sich in Systeme verwettet und am Ende gewinnt oder verliert... - das halte ich für zu eng gedacht. Alles andere würde ich unterschreiben!
Jünger ist einer der bedeutendsten deutschen Autoren des letzten Jahrhunderts überhaupt. Er steht in einer Reihe mit Kafka, Döblin, Benn, Brecht, und eben Müller. Thomas Mann hat die spezifischen Probleme der Moderne, die diese Autoren bearbeitet haben, noch nicht einmal erfasst. Er ist noch ganz 19. Jahrhundert. Er gehört überhaupt nicht in die Linie der Moderne. Die Materialschlacht ist eine Metapher für jede Totalität, die einen zur Passivität zwingt. In so einer Situation ist der Angriff (oder die Bewegung) eine Erlösung, "ein geselliger Akt". Das ist gemeint. Es hat nichts mit der Bewunderung eines Kriegers und seiner Erlebnisse zu tun.
+jcmangan Du magst Jünger für einen fähigen, talentierten, begnadeten Autoren halten, aber seine Bedeutung überschätzt du maßlos. Brecht und Kafka, und dann Jünger in derselben Reihe? Klar. Kafka, der "Die Verwandlung", "In der Strafkolonie" und "Der Prozess" geschrieben hat und noch heute von jedem zweiten Schriftsteller weltweit als Seelenverwandter bezeichnet wird, und Brecht, der mit der Dreigroschenoper sogar nach Amerika kam. Und natürlich Jünger, mit... ähm, hier, diesem ganz berühmten, ganz bedeutsamen Roman... Gedicht... Theaterstück...?
+Middlesexful In Stahlgewittern heissts, soeben bei Penguin, England, erschienen als Storm of Steel. (Penguin ist ein Verlag wie bei uns etwa Reclam, verlegt also nur Klassiker; Übrigens: die Verbreitung seiner Schriften sagt nichts über die Bedeutung eines Autors aus. Benn hat nie viel verkauft (die Auflagen beliefen sich zwischen 1 und 2ooo zu Lebzeiten. Und man schätzt die verkaufte Gesamtauflage der Bücher Kafkas zu Lebzeiten (also bis 1924) auf unter 1ooo.
jcmangan Ich weiß, was Penguin ist. Und obwohl ich verstehe, worauf du hinauswillst, leben wir soweit ich weiß nicht mehr zu Lebzeiten von Ernst Jünger, dessen Lebzeiten außerdem wesentlich länger war, als die Kafkas. Ich sprach nicht von Lebzeiten. Jünger hat in seinem ganzen Leben nie einen Status erreicht, der mit Kafka vergleichbar wäre.
Karasek ist immer sehr aufdringlich gewesen, in der ganzen Zeit des Quartetts. Er war der Ansicht, seine Meinung unbedingt hervorbringen zu müssen in der falschen Annahme, sie sei die wichtigste!
Günther Anders durfte ich als Student in Wien mehrmals besuchen und wir sind uns menschlich sehr nahe gekommen.
Ist das wahr, das sie ihn dort verhungern haben lassen? Es gibt Berichte vonn einer Art Studentenbude mit 2 oder 3 Konservendosen?
Ich hab seine Antiquiertheit des Menschen ca. 2006 oder 2007 aus der Schulbibliothek ausgeliehen... Es ist geistig eines der wertvollsten Bücher, die ich besitze, und auch monetär, denn wenn die Schulbibliothek des Sophie Scholl Berufskollegs in Duisburg Marxloh das jemals zurückforderte und auf Zinsen bestünde, so wäre ich verschuldet bis auch der letzte meiner Nachkommen zum Automaten geworden ist und seine Humanität komplett verloren hat.
Was ist eigentlich an der Stelle mit dem "geselligen Akt" in den Stahlgewittern so schwer zu verstehen? Wenn man vier Wochen im Dreckloch sitzt und rund um die Uhr mit Granaten bechossen wird, empfindet man es natürlich erstmals als Befreiung, wenn man aus diesem Loch herauskommt, und sei es auch nur zu einem Angriff. Das ist keine Ästhetisierung des Schreckens, sondern ein Aufatmen nach dem Schrecken. Der Angriff, bei dem man sich bewegen kann, wird als weniger bedrohlich empfunden, als das passive Abwarten im Graben, bis es einen erwischt. Mehr steckt hinter dieser viel zitierten Stelle gar nicht dahinter. Auf jeden Fall keine Kriegsverherrlichung.
Herr Gott, gibt es denn keinen begabten Lippenleser hier unter den Zuschauern, der den tonlosen Abschnitt ab 47:28 dechiffrieren könnte? Selbst in der Transcript-Fassung steht an der Stelle lediglich "unverständlich"!
Kann jemand was zu der Zensur in Minute 48 sagen? Weiß jemand, über welche "Herren" (letztes zu hörendes Wort) Reich-Ranicki gesprochen hat?
Merkwürdig, an der Stelle steht auch in der Transkript-Fassung des Quartetts nur [unverständlich] ...
Vielleicht hat da damals irgendein Stasi-Typ geklagt und seinen Namen streichen lassen. Tja. Ist halt so.
Heiner Müller ist das Gegenteil eines Zynikers, nämlich ein engagierter Intellektueller. Auch das Gegenteil eines Nihilisten, nämlich ein Utopist. Alle Herren (und die Dame) beweisen hier, dass sie weder das Werk von Jünger, noch das von Müller gelesen haben.
Finde es merkwürdig, dass keiner auf die Raffinesse von Amanda Herzlos zu sprechen kommt. Die Geschichte in der Geschichte und wie sich das überschneidet ist ja nicht ganz kunstlos.
Schon, aber mittlerweile auch nichts Neues mehr.
44:19 nichts anderes habe ich von Raddatz erwartet
45:40 46:25; 56:15
Ich sehe dasz auch so, aber von Intimität fehlt doch dieses Buch.
Die Verwandtschaft von Müller zu Carl Schmitt und Ernst Jünger besteht darin, dass alle drei Herren Geschichtsverlierer sind. Carl Schmitt setzte auf einen Staat, der in die Binsen gegangen ist (das dritte Reich), Heiner Müller auf die DDR und Jünger auf das Kaiserreich. Ernst Jünger hat gleich vier deutsche Staaten untergehen sehen, Carl Schmitt drei, Heiner Müller zwei. Das ist die Verwandtschaft. Nicht der intellektuelle Hochmuth, das ist völliger Schwachsinn.
"Geschichtsverlierer" hört sich gerade so an, als wäre die Welt nichts andres als eine Börse, an der man sich in Systeme verwettet und am Ende gewinnt oder verliert... - das halte ich für zu eng gedacht.
Alles andere würde ich unterschreiben!
“Lapidarist“ wäre noch ein Etikett...
Jünger ist einer der bedeutendsten deutschen Autoren des letzten Jahrhunderts überhaupt. Er steht in einer Reihe mit Kafka, Döblin, Benn, Brecht, und eben Müller. Thomas Mann hat die spezifischen Probleme der Moderne, die diese Autoren bearbeitet haben, noch nicht einmal erfasst. Er ist noch ganz 19. Jahrhundert. Er gehört überhaupt nicht in die Linie der Moderne. Die Materialschlacht ist eine Metapher für jede Totalität, die einen zur Passivität zwingt. In so einer Situation ist der Angriff (oder die Bewegung) eine Erlösung, "ein geselliger Akt". Das ist gemeint. Es hat nichts mit der Bewunderung eines Kriegers und seiner Erlebnisse zu tun.
+jcmangan Du magst Jünger für einen fähigen, talentierten, begnadeten Autoren halten, aber seine Bedeutung überschätzt du maßlos. Brecht und Kafka, und dann Jünger in derselben Reihe? Klar. Kafka, der "Die Verwandlung", "In der Strafkolonie" und "Der Prozess" geschrieben hat und noch heute von jedem zweiten Schriftsteller weltweit als Seelenverwandter bezeichnet wird, und Brecht, der mit der Dreigroschenoper sogar nach Amerika kam.
Und natürlich Jünger, mit... ähm, hier, diesem ganz berühmten, ganz bedeutsamen Roman... Gedicht... Theaterstück...?
+Middlesexful In Stahlgewittern heissts, soeben bei Penguin, England, erschienen als Storm of Steel. (Penguin ist ein Verlag wie bei uns etwa Reclam, verlegt also nur Klassiker; Übrigens: die Verbreitung seiner Schriften sagt nichts über die Bedeutung eines Autors aus. Benn hat nie viel verkauft (die Auflagen beliefen sich zwischen 1 und 2ooo zu Lebzeiten. Und man schätzt die verkaufte Gesamtauflage der Bücher Kafkas zu Lebzeiten (also bis 1924) auf unter 1ooo.
jcmangan
Ich weiß, was Penguin ist.
Und obwohl ich verstehe, worauf du hinauswillst, leben wir soweit ich weiß nicht mehr zu Lebzeiten von Ernst Jünger, dessen Lebzeiten außerdem wesentlich länger war, als die Kafkas. Ich sprach nicht von Lebzeiten. Jünger hat in seinem ganzen Leben nie einen Status erreicht, der mit Kafka vergleichbar wäre.
Ja und wenn Mann da nicht reingehört (ob das wirklich so ist, sei einmal dahingestellt)- ist er deswegen wirklich so viel weniger bedeutend?
@@Middlesexful Na, deine Argumente sind schon schwach. Du hast aber Recht.
bin kein fan von karasek. tut mir leid
Geht mir ähnlich, sehr unangenehm, wie er andauernd die anderen unterbricht, die meiner Ansicht nach viel interessanteres zu sagen hätten.
Karasek ist nicht unangenehm. Er traut sich argumentieren, hört aber auch zu.
Karasek ist immer sehr aufdringlich gewesen, in der ganzen Zeit des Quartetts. Er war der Ansicht, seine Meinung unbedingt hervorbringen zu müssen in der falschen Annahme, sie sei die wichtigste!