FRANZ KAFKA - MEIN GESCHÄFT (In Memoriam F.Kafka)
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- Опубликовано: 27 сен 2024
- Prosastück von Franz Kafka (Foto) entst. 1917 vö. 1931 /
Rezitation: Axel Grube /
Anmerkung: Ich schämte mich, als ich bemerkte, dass das Leben ein Maskenball ist, und ich mit meinem wahren Gesicht teilgenommen habe. (F.Kafka)
Der Nachbar
(Text leicht verändert)
Mein Geschäft ruht ganz auf meinen Schultern.
Zwei Fräulein mit Schreibmaschinen und
Geschäftsbüchern im Vorzimmer, mein Zimmer
mit Schreibtisch, Kasse, Beratungstisch,
Klubsessel mit Telefon, das ist mein ganzer
Arbeitsapparat. So einfach zu überblicken, so
leicht zu führen. Ich bin ganz jung, und die
Geschäfte rollen vor mir her. Ich klage nicht, ich
klage nicht. Seit Neujahr hat ein junger Mann die
kleine leer stehende Nebenwohnung, die ich
ungeschickterweise so lange zu mieten gezögert
habe, frischweg gemietet. Auch ein Zimmer mit
Vorzimmer, außerdem aber noch eine Küche.
Zimmer und Vorzimmer hätte ich wohl brauchen
können - meine zwei Fräulein fühlten sich schon
manchmal überlastet - aber wozu hätte mir die
Küche gedient. Dieses kleinliche Bedenken war
daran schuld, dass ich mir die Wohnung habe
wegnehmen lassen. Nun sitzt dort dieser junge
Mann. Harras heißt er. Was er dort eigentlich
macht, weiß ich nicht. Auf der Tür steht: „Harras
Büro“. Ich habe Erkundigungen eingezogen, man
hat mir mitgeteilt, es sei ein Geschäft ähnlich
dem meinen. Vor Kreditgewährung könne man
nicht geradezu warnen, denn es handle sich
durchaus um einen jungen aufstrebenden Mann,
dessen Sache vielleicht Zukunft habe, doch
könne man zum Kredit nicht geradezu raten, denn
gegenwärtig sei allem Anschein nach kein
Vermögen vorhanden. Die übliche Auskunft, die
man gibt, wenn man nichts weiß. Manchmal
treffe ich Harras auf der Treppe, er muss es
immer außerordentlich eilig haben, er huscht
förmlich an mir vorüber. Genau gesehen habe ich
ihn noch gar nicht, den Büroschlüssel hat er
schon vorbereitet in der Hand. Im Augenblick hat
er die Tür geöffnet. Wie der Schwanz einer Ratte
ist er hinein geglitten, und ich stehe wieder vor
der Tafel „Harras Büro“, die ich schon viel öfter
gelesen habe, als sie es verdient.
Die elend dünnen Wände, die den ehrlich tätigen
Mann verraten, den unehrlichen aber decken.
Mein Telefon ist an der Zimmerwand angebracht,
die mich von meinem Nachbarn trennt. Doch
hebe ich das bloß als besonders ironische
Tatsache hervor. Selbst wenn es an der
entgegengesetzten Wand hinge, würde man in der
Nebenwohnung alles hören. Ich habe mir
abgewöhnt, den Namen der Kunden beim
Telefon zu nennen. Aber es gehört natürlich nicht
viel Schlauheit dazu, aus charakteristischen, aber
unvermeidlichen Wendungen des Gesprächs die
Namen zu erraten. - Manchmal umtanze ich, die
Hörmuschel am Ohr, von Unruhe gestachelt, auf
den Fußspitzen den Apparat und kann es doch
nicht verhüten, dass Geheimnisse preisgegeben
werden.
Natürlich werden meine geschäftlichen
Entscheidungen unsicher, meine Stimme zittrig.
Was macht Harras, während ich telefoniere?
Wollte ich sehr übertreiben - aber das muss man
oft, um sich Klarheit zu verschaffen -, so könnte
ich sagen: Harras braucht kein Telefon, er benutzt
meines, er hat ein Kanapee an die Wand gerückt
und horcht, ich dagegen muss, wenn geläutet
wird, zum Telefon laufen, die Wünsche des
Kunden entgegennehmen, schwerwiegende
Entschlüsse fassen, groß angelegte Überredungen
ausführen - vor allem aber während des Ganzen
unwillkürlich durch die Zimmerwand Harras
Bericht erstatten. Vielleicht wartet er gar nicht
das Ende des Gesprächs ab, sondern erhebt sich
nach der Gesprächsstelle, die ihn über den Fall
genügend aufgeklärt hat, husch nach seiner
Gewohnheit durch die Stadt und, ehe ich die
Hörmuschel aufgehängt habe, ist er vielleicht
schon daran, mir entgegenzuarbeiten.
Siehe auch hier: de.wikipedia.o...
www.inhaltsang...
de.wikipedia.o...)
de.wikipedia.o...
onomato.de/