Die Wilhelmstraße: NS-Regierungsviertel
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- Опубликовано: 10 янв 2025
- Begibt man sich heute in die Wilhelmstraße, so fällt es schwer, sich eine Vorstellung von diesem geschichtsträchtigen Straßenzug zu machen. Denn das Erscheinungsbild wird von einer Plattenbausiedlung aus den 1980er Jahren dominiert. Da die modernen Großblöcke die historische Grundstücksaufteilung ignorieren, wird die Spurensuche zusätzlich erschwert.
Die um 1730 angelegte Wilhelmstraße war ursprünglich von palastartigen Wohnhäusern des Berliner Adels geprägt. Doch im 19. Jahrhundert zeichnete sich ein Wandel zur Behördenmeile ab. In den Palais siedelten sich zunehmend Verwaltungs- und Regierungsämter des Königreichs Preußen an. Nach der Reichsgründung 1871 kamen diverse Staatsministerien hinzu sowie die Wohnung des Reichskanzlers mitsamt Kanzlei im ehemaligen Palais Radziwill. Die Straße avancierte zum Regierungsviertel.
Diese Tradition fand ihre Fortsetzung in der Weimarer Republik - ja, die Wilhelmstraße wurde nunmehr zum Zentrum der Macht. Denn mit dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 hatte das Berliner Stadtschloss als Residenz des Deutschen Kaisers seine Funktion verloren und das neue Staatsoberhaupt, der Reichspräsident, bezog in der Wilhelmstraße 73 im Schwerinschen Palais Quartier. Seit 1925 übte Paul von Hindenburg das Amt aus. Er hob Hitler im Januar 1933 in das Amt des Reichskanzlers und sorgte wenig später mit der von ihm erlassenen Notverordnung im Zuge des Reichstagsbrandes für die Aushebelung der Weimarer Verfassung. Nachdem das Parlament bereits im März 1933 ausgeschaltet worden war, verschwand mit dem Tod des Reichspräsidenten im August 1934 auch noch dessen Amt. Während die Beisetzung Hindenburgs im ostpreußischen Reichsehrenmal Tannenberg mit großem militärischem Pomp eine öffentlichkeitswirksame Ehrbezeugung darstellte, war die innenpolitische Ausnutzung des Todesfalls alles andere als vornehm abgelaufen. Noch am Tag vor Hindenburgs Ableben beschloss die Regierung ein Gesetz zur Fusion von Reichskanzler- und Reichspräsidentenamt. Hitler vereinigte fortan als sogenannter „Führer und Reichskanzler“ institutionell alle Macht auf sich, ohne dass ihm weitere Verfassungsorgane hinderlich werden konnten.