zum Vergleich Secharja 2,14 sowie 9,9: Man muss verstehen, dass Secharja Kapitel 1 bis 8 eine eigene Einheit darstellen (genannt Protosacharja). Diese Kapitel wurden gegen Ende des babylonischen Exils verfasst, woraufhin die Zurückführung der Israeliten sowie der Wiederaufbau des Tempels folgte, wie Lukas ja auch richtigerweise schon festgestellt hat. Die Kapitel 9 bis 14 (genannt Deuterosecharja) dagegen sind spätere Prophetien, die auch spätere Ergeignisse, die z.B. auch endzeitliche sowie messianische Belange beinhalten. Es ist daher unzulässig, anzunehmen, dass diese beiden Verse in Verbindung stünden. Das Ende von Kapitel 8 macht die Rückführung Israels aus dem Exil deutlich. Insofern kann Kapitel 2 unmöglich mit den Ereignissen in Kapitel 9 stehen. Man darf sich von ähnlichen Wortlauten und gleichen Namen nicht täuschen lassen. Das ist keineswegs ein "Beweis" für irgendeine Verbindung. Aber selbst wenn es hier eine Verbindung gäbe, so kann Lukas seine Argumentationen, die er auf Secharja 2,14ff aufgebaut hat, nicht übertragen, da diese an vielen Stellen mehr als zweifelshaft sind. Siehe dazu meine anderen Kommentare.
zu Secharja 9,9: Zunächst sollte man festhalten, dass die Verbindung, die Lukas zu Kapitel 14 herstellen möchte, unzuässig ist. Es handelt sich offensichtlich um eine ganz andere Zeit. 9,9 spricht vom Einzug des Messias nach Jerusalem. Kapitel 14 dagegen spricht von Ereignissen, die offensichtlich in der Zeit der Apokalypse geschehen. Es handelt sich somit um andere Ereignisse. Das bedeutet auch, dass der in Secharja 9,9 genannte König ein anderer sein kann als der in Kapitel 14 genannte. Nach dieser Logik könnte man auch jeden anderen König Israels, zum Beispiel David, als JHWH bezeichnen. Hier hat Lukas leider den Fehler gemacht, den er schon so häufig in dieser Videoserie an den Tag gelegt hat. Nur, weil dasselbe Wort für zwei Individuen verwendet werden, heißt das noch lange nicht, dass diese beiden Individuen identisch sein müssen. Wenn wir heutzutage sagen, dass sowohl Emmanuel Macron als auch Joe Biden Präseidenten sind, so käme auch niemand auf die Idee zu sagen, dass diese in Wahrheit dieselbe Person wären. Der Text in Secharja 9,9 sowie der Kontext machen jedenfalls deutlich, dass es sich bei diesem König um eine andere Person handelt und eben nicht um JHWH. Man sieht im Kontext, dass es JHWH ist, der am Sprechen ist. Wenn von "ich" die Rede ist, so erkennen wir dies anhand von 9,1 dass JHWH spricht. In den vorausgehenden Versen 5-8 sehen wir, dass JHWH ausnahmslos in der ersten Person spricht ("ich"). In Vers 9 spricht er dann aber über diesen König in der dritten Person. In den darauffolgenden Versen 10-13 spricht JHWH dann wieder ausnahmslos in der ersten Person ("ich"). Damit grenzt sich JHWH meines Erachtens nach schon ziemlich von dieser Person ab. Zudem gebraucht der Schreiber hier für diesen König eine Sprache, die für JHWH unwürdig wäre: Er benutzt das Adjektiv "demütig", was alternativ auch mit "niedrig" oder "elend" übersetzt werden kann. JHWH kann sich vor niemanden demütigen denn er ist der Allerhöchste und über Allem. Zudem lesen wir, dass dieser König auf einem Fohlen reiten würde. Damit dürfte für jeden hebräischen Leser klar gewesen sein, dass ein Mensch und somit nicht JHWH selbst gemeint sei, denn JHWH ist kein Mensch: - Hosea 11,9 - 1. Samuel 15,29 - Hiob 9,32 Abschließend sehen wir, passend zu alledem, dass in Johannes 12,13 geschrieben steht: "Gepriesen, der da kommt im Namen des Herrn und der König Israels!" In Secharja 9,9 kann also der König unmöglich JHWH sein, da JHWH nicht im Namen von JHWH kommen kann. Das wäre unlogisch. Zu dem Teil "der König Israels" könnte ich meine Argumente von oben wiederholen: Es gab im Verlauf der Geschihte viele Könige Israels. Das bedeutet daher keine Identität mit JHWH. Ich wundere mich ehrlich gesagt auch, dass hier versucht wird, außgerechnet diese Bibelstelle als "Beweis" anzuführen. Ich kenne sonst keine Trinitarier, die das tun würden. Dafür gibt es auch gute Gründe denn wie ich dargelegt habe bewegt man sich damit hier auf äußerst dünnem Eis. Ein "Beweis" kann das auf gar keinen Fall sein.
Den Johannesprolog zu verwenden, um Lukas' Interpretation zu stützen, dass JHWH in Secharja 2,14ff wohl selbst als Mensch käme, ist im Sinne der Argumentation nicht nützlich. Wenn der Johannes Prolog das aussagen sollte, was Lukas meint, so bräuchte man Secharja 2,14ff nicht mehr als "Beweistext", da der Johannes Prolog die Hypothese ja schon "bewiesen" hätte (was der Johannes Prolog aus meiner Sicht aber nicht tut; siehe meinen anderen Kommentar dazu). Insofern ist diese Art des Argumentierens technisch gesehen falsch.
Zitat Video: "Johannes weiß, dass Secharja prophezeit hat, dass der Tag kommen wird, wo Jahwe Gott auf diese Erde kommt und unter seinem Volk wohnen will." Wenn gemeint ist, dass JHWH als Mensch gekommen wäre, dann ist diese Aussage, was Johannes dachte, reine Spekulation. Siehe meinen anderen Kommentar dazu.
zu Secharja 14,9: Es ist wichtig zu verstehen, dass es zu verschiedenen Zeiten Könige gab, die z.T. auch von Gott eingesetzt wurden. Hier kann daher keine Verbindung zu Secharja 9,9 hergestellt werden (siehe meinen anderen Kommentar). Es ist richtig, dass JHWH König über die ganze Erde sein wird. Es kann aber sein, dass JHWH König ist und gleichzeitig jemand anderes König ist. Man darf nicht den Fehler machen, anhand eines Titels eine Person mit einer anderen zu identifizieren. Wenn beispielsweise Emmanuel Macron Präsident ist und Joe Biden ebenfalls Präsident ist, so bedeutet das nicht, dass es sich dabei in Wahrheit um dieselbe Person handeln würde. Die Bibel macht unmissverständlich klar, dass Jesus "König" ist: Apostelgeschichte 17,7: "und diese alle handeln gegen die Verordnungen des Kaisers, da sie sagen, dass ein anderer König sei: Jesus" Wir sehen aber auch, dass jedes Amt und jeder Titel, den Jesus erhalten hat, ebenfalls von Gott erhalten hat (Apostelgeschichte 2,36; 5,31; 10,42). Also Jesus ist der von Gott eingesetzte König. Es gibt also keinen Anlass, anzunehmen, dass Jesus "König" in derselben Art wäre, wie es JHWH in Secharja 14,9 ist, sondern einfach ein König, der JHWH untergeordnet ist, wie Jesus es auch selbst von sich sagt, dass er geringer sei. Alternativ kann man das auch so verstehen, dass Jesus den Titel des Königs inne hat bis JHWH selbst diesen Titel übernehmen wird denn es steht geschrieben: 1. Korinther 15,24-27: "dann das Ende, wenn er das Königreich dem Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat. Denn er muss König sein bis er [d.h. Gott] alle seine Feinde unter seine [d.h. Jesus] Füße gelegt hat. Als letzter Feind wird der Tod weggetan. [Zitat:] >Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen.< Wenn es aber heißt, dass alles unterworfen ist, so ist klar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn ihm [d.h. Jesus] aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem ist." Wir sehen also klar, dass in diesem endzeitlichen Szenario Jesus stets Gott untergeordnet (unterworfen) bleibt. Es kann also keine Rede von "der Vater holt Jesus auf seine Ebene" sein. Ebenso sehen wir, dass es möglich wäre, dass Jesus den Titel "König" verlieren könnte, sobald er das Königreich dem Vater übergeben hat. Ob er dann den Titel "König" behält ist fürmich persönlich aber eher eine Spitzfindigkeit; Jesus wird auf jeden Fall eine außerordentliche Rolle behalten! Jedenfalls besteht hier anhand von Secharja 14,9 keineswegs irgendeine Notwendigkeit, dass Jesus auch JHWH sein müsse. Die Schriften sind auch so in perfekter Harmonie. Das neue Testament schmückt das, was in Secharja 14 beschrieben ist, noch weiter aus. Die fehlenden Details werden sozusagen hinzugefügt.
zu Secharja 14,5: "[...] Dann wird JHWH, mein Gott, kommen und alle Heiligen mit ihm." Das muss keineswegs so verstanden werden, wie es hier in dem Video gemacht wird. Man muss verstehen, dass Secharja Kapitel 14 tatsächlich ein apokalyptisches Kapitel ist. Wir wissen aber aus neutestamentlicher Offenbarung der Endzeiten, dass die Verse 5-9 in Secharja Kapitel 14 einen bestimmten Teil der Endzeit extrem kompakt darstellt. Daher ist es nicht falsch, anzunehmen, dass die Ereignisse in diesem Vers 5 einen größeren, lose definierten Zeitraum betreffen. Innerhalb dieses größeren Zeitraumes kommt zum einen JHWH und zum anderen auch die Heiligen. Beides sehen wir in neutestamentlichen Offenbarungen. Innerhalb dieses größeren, lose definierten Zeitraumes kommen "die Heiligen mit JHWH". Das wäre so, als wenn jemand sagt "als ich angefangen habe Fußball zu spielen, habe ich mir passende Schuhe gekauft". Das würde auch nicht bedeuten, dass damit ein exakter, auf die Millisekunde genauer Zeitpunkt gemeint ist und somit der Schuhkauf vollzogen wurde just in dem Moment, wo derjenige das erste mal auf den Rasen gegangen ist. Alternativ könnte man das auch so verstehen, dass JHWH tatsächlich zusammen mit Jesus käme, aber zunächst in geistlicher Form, ebenso wie "Gott mit Jesus war" als er das erste mal auf der Erde war: Johannes 3,2: "[...] den niemand kann diese Zeichen tun es sei denn Gott ist mit ihm." Apostelgeschichte 10,38: "[...] denn Gott war mit ihm." Letztlich wirkt Gott sowieso immer bei allem mit. Das bedeutet aber keineswegs, dass Jesus JHWH sein müsse. Also es ist ohne Probleme möglich, dass die Heiligen "mit JHWH kommen", da in diesem Szenario ebenfalls "Jesus mit JHWH kommt" und somit auch "Jesus mit den Heiligen kommt", ohne, dass Jesus JHWH sein müsse. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch 1. Korinther 15,24-27. Dass die Heiligen (mit Jesus) kommen, ist gemeinhin bekannt. In Offenbarung 21,3-4 lesen wir, dass "Gott selbst bei ihnen sein" wird im neuen Jerusalem, nachdem es herabgekommen ist. Vorher war das, obwohl Jesus ja schon da war, wohl nicht der Fall! Ich vermute daher, dass dies das ist, worauf sich Secharja 14,5 bezieht. Ob Gott dann dort als irgendwie sichtbare und erfahrbares Wesen sein wird, wir also Gott "von Angesichts zu Angesichts" begegnen können oder Gott doch wieder im Geiste im neuen Jerusalem wohnen wird, geht so nicht zweifelsfrei aus der Bibel hervor. Sicher ist aber, dass Gott verschiedentlich "anwesend" sein kann und wirken kann.
Zitat aus dem Video: "Der Vater hebt den Sohn auf die gleiche Stufe." Diese Aussage findet sich nirgends in der Bibel. Diese Aussage ist so widersprüchlich wie so ziemlich der ganze Rest der Dreieinigkeitslehre. Einen kurzen Moment vorher wurde noch richtigerweise festgestellt, dass der Sohn niedriger als der Vater und dem Vater absolut unterstellt ist. Der allmächtige Gott, JHWH, kann das Gericht überlassen wem er will und wirken durch wen er will. Das ändert nichts an seiner absoluten Souverinität.
Zum Johannesprolog / Johannes 1: Zunächst möchte ich festhalten, dass das altgriechische Wort für "Wort" logos (λόγος) ist. Erstaunlicherweise argumentieren viele Trinitarier (nicht alle, es gibt ehrenswerter Weise genügend, die um die Schwierigkeiten wissen) auf eine Art und Weise, bei der die eigentliche Übersetzung des Wortes völlig irrelevant ist. Bei sowas bin ich immer schon sehr stutzig; die Übersetzung der Wörter müssen in einem Text stets eine entscheidende Rolle spielen. Das heißt auch, dass diese Art der Argumentation ebenso mit so ziemlich jedem anderen Wort funktionieren würde, z.B. Stier. Das Beispiel klingt jetzt besonders absurd, aber eben so verhält es sich. Jedenfalls werde ich im Sinne dieser Art der Argumentation daher nur von "logos" sprechen; damit alle wissen, was ich meine. Erstmal will ich festhalten, dass im Johannesprolog gar nicht wortwörtlich steht, dass Jesus Gott sei. Es steht dort wortwörtlich auch nichts davon, dass Jesus "logos" sei. Das nehmen einfach viele als gegeben an und merken gar nicht, dass sie dabei bereits massiv geschlussfolgert und an manchen Stellen auch Annahmen getroffen haben. Als ich den Prolog die ersten Male gelesen habe, kam ich auch überhaupt nicht auf die Idee, das so zu verstehen. Ich vermute, dass es da vielen ähnlich ging. Diese Art der Interpretation kommt eher dann zustande, wenn man sie zumindest einmal gehört hat; meistens, indem man sich mit Dreieinigkeit befasst und man von jemandem "die rechte Auslegung" gehört hat. Dann liest man den Text mit dieser Prägung und konstruiert diese Schlussfolgerungen unbewusst automatisch. Diese Schlussfolgerung besteht aus vier Teilschlusfolgerungen: 1. Aus den Versen 15 und 17 leitet man ab, dass das "Fleisch", welches in Vers 14 genannt ist, identisch mit Jesus ist. Also Fleisch und Jesus sind in diesem Vers ein und dasselbe. 2. Man nimmt Schlussfolgerung 1 und nimmt an, dass das "logos" im Vers 14 identisch mit dem ist, wozu es dann geworden ist, also dem Fleisch, also Jesus. "Logos" sei also ein Synonym für Jesus. "Logos" sei ein und dasselbe wie Jesus. Man könnte auch sagen, dass "logos" ein anderer Name für Jesus sei. Man sagt daher, dass "logos", also ein "Wort" (in der gängigsten Übersetzung), eine wirkliche Person und nicht nur "Wort" sei. 3. Wegen Vers 1 (Gott war der "logos") nimmt man an, dass "logos" ein Synonym für Gott sei. Also "logos" und Gott seien ein und dasselbe. Man könnte auch sagen, dass "logos" ein weiterer Name für Gott sei. 4. Man nimmt Schlussfolgerungen 3 und 4 und schlussfolgert daraus, dass Jesus Gott sei. (Gott = "logos" = Fleisch = Jesus) Man sieht, dass das dann doch einige Ecken sind. Ich möchte nun auf jede dieser Schlussfolgerungen eingehen. Ich denke Schlussfolgerung 1 ist unbestritten. Schlussfolgerung 4 kann nur valide sein, wenn Schlussfolgerungen 2 und 3 beide richtig sind. Aber selbst hier gibt es noch eine andere Interpretationsmöglichkeit, die ich der Vollständigkeit halber aufzeigen möchte: Es könnte sein, dass das in Vers 1 genannte "logos" ein anderes ist, als das, welches in Vers 14 genannt wird. Ich persönlich denke aber nicht, dass es das ist, was Johannes meinte. Insbesondere halte ich das deshalb für sehr unwahrscheinlich, weil im Urtext der bestimmte Artikel (zu deutsch "das") genannt wird, welcher optional ist (einen unbestimmten Artikel gibt es in Altgriechisch nicht) und oft ähnlich wie ein Demonstrativpronomen verwendet wird, wenn der Artikel am Anfang eines Satzes steht. Wenn Letzteres der Fall ist, so käme nur "logos" aus den ersten Versen in Frage. Also was ist nun mit diesen beiden kritischen Teilschlussfolgerungen 2 und 3? Sind diese tatsächlich zwingend, also sind diese die einzig vernünftigen Folgerungen, die man anhand des Textes machen kann? Zu Schlussfolgerung 2: Zunächst sollten wir festhalten, dass in dem Text überhaupt nicht steht, dass "logos" das "Fleisch" IST. Genau das sagt man aber, wenn man behauptet, dass Jesus dieser "logos" sei, also eine Identität beider bestehen würde. Es steht, dass "logos" Fleisch geworden ist. Jesus ist also nicht das Wort, sondern Jesus ist das, WAS AUS DEM WORT GEWORDEN IST. Wie man Letzteres verstehen kann bzw. dass das eben keine Identität von "Wort" und Jesus bedeutet, möchte ich anhand eines Beispiels und anhand von Parallelen aus der Bibel verdeutlichen: Man stelle sich vor, dass ein Ehepaar einen Sohn bekommen möchte. Also sagt der Vater: "Wir werden einen Sohn bekommen und ihn Markus nennen." Zwei bis drei Jahre später ist es dann soweit und die Frau gebährt einen Jungen, welcher Markus genannt wird. Das Wort des Vaters ist also Fleisch geworden. Es ist Realitat geworden. (Fortsetzung in Antworten)
Man vergleiche es außerdem mit der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 1,2-30). Gott sprach, er hat Wort hervorgebracht (Psalm 33,6), und dieses Wort wurde zu allen möglichen Dingen der Schöpfung. Auch hier sehen wir sehr schön, wie das Wort Gottes zu verschiedenen Dingen geworden ist. Das bedeutet aber längst nicht, dass zum Beispiel eine Blume nach wie vor das Wort Gottes geschweige denn Gott selbst ist in dem Sinne ist, dass die Blume identisch zum Wort Gottes wäre; das wäre absurd. Ebenso in Bezug auf den Johannesprolog; der Vergleich ist übrigens nicht unangemessen, wird doch in den Versen 1 ("Im Anfang war das Wort") sowie 3 ("Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das geworden ist.") sehr wahrscheinlich Bezug auf die Schöpfungsgeschichte genommen: Wenn "das Wort" zu allen möglichen Dingen geworden ist und Jesus "das Wort" im Sinne einer wirklich existierenden Person sei, dann sagt man damit im Grunde, dass jeder Baum, jeder Berg und jede Blume ebenfalls Jesus seien. Das wäre völlig absurd; er wäre dann ja schon von Anfang an auf der Erde. Erstaunlicherweise habe ich aber eine Person getroffen, die eben dies behauptet: Jeder und alles sei Jesus. Wie die Person darauf kommt, weiß ich nicht, es würde mich aber nicht wundern, wenn das aus eben dieser Argumentation käme, die ich eben aufgezeigt habe und rein von der Konsequenz der Schlussfolgerung hätte die Person damit sogar Recht! Nun möchte ich einen historischen Abriss darüber geben, wie die Idee überhaupt entstanden ist, dass "logos" einer existierenden Person entspricht und nicht nur einfach das, was es wortwörtlich bedeutet; diese Idee wird auch "logos Lehre" genannt. Dazu muss ich zunächst auf bestimmte Aspekte des Platonismus bzw. des Neoplatonismus eingehen, welche griechische Philosophien und Mythologien beinhalten. Im Platonismus wurden bestimmte Kategorien der Wertigkeit nach sortiert, wie edel und ehrenvoll sie seien. Ganz oben sei das Geistliche, kurz darunter dann solche Kategorien wie die Weisheit oder der Intellekt. Ganz unten findet sich dann die körperliche Arbeit. Daher war bei den Griechen das Philosophieren deutlich "edler" als zum Beispiel körperliche Arbeiten, was letztlich auch der Grund dafür war, dass es als ehrenhaft galt, nicht zu arbeiten (was dann Sklaven erledigen mussten). Diese Wertigkeitsrangfolge wurde im Neoplatonismus später so interpretiert, dass das Geistliche stark vom Physischem getrennt sei und dass das Physische, bzw. genauer die Materie, schlecht und das Geistliche gut sei. Diese Ideen uferten dann später im Neoplatonismus darin aus, dass man gesagt hat, dass ein Schöpfergott oder ein höchster Gott, der rein geistlich und damit komplett gut sei, das Universum gar nicht hätte erschaffen können, da er sonst mit der unreinen Materie in Verbindung gekommen wäre. Eine andere Interpretation ist die, dass für einen obersten Gott keinerlei Arbeit, und damit auch keine schöpferische Tätigkeit, angemessen wäre. Daher hat man einen Halbgott oder Untergott postuliert, der als Schöpfungsvermittler dient, der auch Demiurg genannt wird. Am Rande sei angemerkt, dass dieses gesamte Gedankenkonstrukt auch eben jenes ist, welches später im Christentum (vor allem im zweiten Jahrhundert) unter Inbezugnahme von Philons Lehren (sehen wir gleich) zu den Sekten der sogenannten Gnostikern (Gnosis) geführt hat. Nun trat gegen Anfang des ersten Jahrhunderts ein sogenannter Philon aus Alexiandrien auf, der in Alexandria studiert hat. Er war ein Jude, jüdischer Gelehrter und zugleich aber auch griechischer Philosoph. In Alexandria wurde er griechische Philosophie sowie Mythologie gelehrt; Alexandria war eine Hochburg dieser Lehren. Der erste in Bezug auf unsere Frage bemerkenswerte Punkt ist, dass er der erste jüdische Gelehrte war, der die sogenannte allegorische Exegese anwandte. Diese Form der Exegese konzentriert sich nicht auf die eigentliche Bedeutung oder die wortwörtlichen Bedeutungen eines Textes, sondern sieht gewisse Dinge oder Wörter als ein Symbol für etwas anderes; so wie zum Beispiel "logos" ein Symbol für Jesus sei, da es ihn charakterisiere. Annahme ist, dass Gott in Texten etwas Tiefgründigeres versteckt habe; Geheimnisse, die man entdecken müsse. Das ging natürlich total gegen die jüdische Orthodoxie sowie gegen das hebräische Mindset. Wichtiger ist aber, dass Philon Aspekte des Neoplatonismus und des Stoismus mit dem jüdischen Glauben vermischt hat. Er ging nicht so weit, zu behaupten, dass Gott der Demiurg (Halbgott) gewesen sei, über dem es noch einen anderen Gott gäbe, aber er hat die Existenz eines Demiurgs postuliert und dann nach Wegen gesucht, diese Idee mit dem alten Testament zu vereinbaren. Wir erinnern uns, der Demiurg ist auch der Schöpfungsvermittler. Nur ist es recht schwierig, diese Idee in die Schöpfungsgeschichte hinein zu interpretieren. Also hat er sich unter Einbezug vom Psalm 33,6 ausgedacht, dass das Wort Gottes, also der "logos", dieser Demiurg sei und man die Bibelstelle allegorisch auslegen müsse, um dies zu verstehen. Wie gesagt, Philon war nichtmal Christ und hat diese Ideen unabhängig vom Messias Jesus entwickelt. Philon hat einen Samen für den späteren Gnostizismus gesät; die Gnostiker haben häufig vom "logos" in Philons Sinne geredet. Im zweiten Jahrhundert hat dann Justin der Märtyrer, der ebenfalls stark von griechischer Philosophie und Mythologie geprägt war, diese "logos Lehre" übernommen; sehr wahrscheinlich von Philon. Das Maß, mit dem Justin den christlichen Glauben mit der Philosophie vereinbaren wollte, ist extrem gewesen. So habe er z.B. behauptet, dass beides komplett miteinander vereinbar sei und die alten Philosophen in Wahrheit auch Christen gewesen wären. Durch diese Vorprägungen entstand dann bei Justin der Eindruck, dass Jesus, der ja auch Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, was zufällig genau der Definition eines Demiurgs entsprechen würde, logischerweise dieser "logos" sein müsse. Ein solcher "logos-Mittler" hat aber gleichzeitig göttliche sowie menschliche Züge, wodurch die Idee des "Menschengottes" Jesus entstand. Die Idee von "Menschengöttern" kommt ebenfalls aus der griechischen Mythologie. Jedenfalls kann man sich das aber nicht so vorstellen, als wenn er damit gesagt hätte, dass Jesus JHWH, der Gott des alten Testamentes, sei, sondern vertrat, wie so ziemlich alle Schreiber der ersten drei Jahrhunderte, die sogenannte Subordination. Justin war es letztlich, der die "logos Lehre" ein gewaltiges Stück dem Mainstream näher gebracht hat. (Fortsetzung in Antworten)
(Teil 3) Will man nun trotz des Wissens um diese historische Entwicklung "logos" als eine Person interpretieren? Das käme super nah an die Lehren von Philon heran, der ja zwei Götter und einen Schöpfungsvermittler unter JHWH gelehrt hat. Unterstellt man Johannes damit nicht, dass er Anhänger der unheiligen Lehren Philons oder gar Gnostiker gewesen wäre? Historisch gesehen wissen wir, dass das Johannes Evangelium wegen des recht tiefgründigen und oftmals nicht so eindeutigen Schreibstils von ettlichen Strömungen, unter anderen protognostischen wie z.B. Kerinth, viel Material für "Unfug" geliefert hat. Johannes hat all diese Gruppierungen aber vehement verurteilt und ihnen unterstellt, sie würde seine Worte missbrauchen. Ich vermute daher, dass Johannes in seinem ersten Brief, der vermutlich eine ganze Weile später verfasst wurde, ganz bewusst vom "Leben" anstatt vom "logos" gesprochen hat (1. Johannes 1,2). ### Schlussfolgerung 3: ### Es ist wichtig zu sehen, dass die allermeisten Übersetzungen die Wortreihenfolge ändern. Was im Urtext im letzten Teil des ersten Verses steht, ist daher: "und Gott war das 'logos'." Falls jemand das anzweifelt, so kann man das ohne Schwierigkeiten in der Interlinearübersetzung auf Biblehub nachprüfen (Englischkenntnisse vorausgesetzt). Nun verstehen das viele automatisch als eine Identität, also dass "logos" und Gott identisch wären. Daher haben sich viele Übersetzer wahrscheinlich auch dazu hinreißen lassen, die Reihenfolge der Wörter umzudrehen, als wenn es keinen Unterschied machen würde; oder man orientiert sich einfach an der Mehrheit der "orthodoxen" Übersetzer (Übersetzungstradition). Jedenfalls macht die Wortreihenfolge im Urtext schon einen Unterschied. Mindestens ist die von mir gezeigte Übersetzung so eben grammatikalisch korrekt. Normalerweise käme man ja auch nicht auf die Idee, den Ausführenden einer Handlung mit dem Ziel der Handlung auszutauschen. Beispielsweise würde niemand sagen, dass man den Satz "Hans erschießt den Eber." einfach in "Der Eber erschießt Hans." umändern darf. Nun könnte ein Spitzfindiger daherkommen und behaupten, dass das bei dem Verb "ist" eben anders sei, da es zwangsläufig eine Identitat ausdrücken würde. Nur ist das zwangsläufig so? Selbst in unserem heutigen Sprachgebrauch ist es nach wie vor so, dass das Wort "ist" nicht unbedingt eine Identität ausdrückt. Ein Beispiel: "Der junge Mann war extrem wütend. Er war eine rasende Wildsau." Ähnliche Formulierungen kennen wir nur zu gut. Bedeutet das jetzt, dass der Mann im wortwörtlichen Sinne eine Wildsau war? Auf die Idee käme niemand! Man muss stets den Kontext betrachten. Ein weiteres Beispiel: "Markus ist Polizist." Bedeutet das jetzt, dass das Wort "Polizist" zu einem Synonym für Markus geworden ist? Also jedes mal, wenn mir "Polizist" begegnet, ist es dann Markus? Darauf käme niemand. "Polizist" beschreibt eine Eigenschaft oder das Wesen von Markus. Nun sind das aber deutsche Beispiele und der Gebrauch des Wortes "sein" (emi) möglicherweise anders in Altgriechisch, mag jemand einwerfen. Und diese Überlegung ist auch nicht verkehrt. Was bedeutet dieses Wort "sein" eigentlich im Urtext? Das zu ergründen, hilft uns enorm zu verstehen, was der Text überhaupt bedeuten kann. Ich habe in Lexika und Wörterbüchern nachgeschlagen und dabei festgestellt, dass das altgriechische Wort sogar für deutlich mehr Bedeutungen stehen kann bzw. in deutlich vielfältigerer Art und Weise verwendet werden kann, als wir es gewohnt sind. Mein Eindruck ist, dass es sich fast um ein Universalwort handelt. Hier mal Auszüge aus Thayers Greek Lexicon: "II. emi (as a copula) connects the subject with the predicate, where the sentence shows who or what a person or thing is AS RESPECTS CHARACTER, NATURE, DISPOSITION, RACE, POWER, DIGNITY, GREATNESS, AGE etc." "II. 2. emi, as a copula, indicates that the SUBJECT IS OR IS TO BE COMPARED TO THE THING EXPRESSED BY THE PREDICATE" Hier noch ein Zitat aus dem Altgriechisch-Deutschem-Wörterbuch Gemoll (10. Ausgabe): "II. als Kopula zur VERBINDUNG des Subjektes mit dem Prädikat: sein, bedeuten, AUSMACHEN, gelten. Als nähere Bestimmung treten hinzu: 1. ein subst. a. im nom. b. im gen. qual. usw. c. im dat.: HABEN, BESITZEN Wir sehen also, dass mit "ist" das zweite Wort ("logos") das erste (Gott) in seinem Wesen, seinem Charakter, in seiner Art beschreibt oder dass das Zwitgenannte das Erstgenannte ausmacht oder im Sinne eines Vergleichs verdeutlicht, wie das Erstgenannte ist oder verdeutlicht, dass das Erstgenannte sich sehr eng mit dem Zweitgenannten verbunden fühlt oder sogar, dass das Erstgenannte das Zweitgenannte hat/besitzt. In jedem Fall ist die Reihenfolge bei diesem altgriechischem Wort extrem wichtig. Kann es auch "sein" im Sinne von einer Identität ausdrücken? Sehr wohl, aber das ist in der Originalsprache eine untergeordnete Bedeutung. Dagegen spricht zudem die Tatsache, dass im Urtext der Artikel vor "theos" (Gott) fehlt wohingegen in dem Teil davor sowie danach vor "theos" (Gott) jeweils der Artikel steht. Das bedeutet im Altgriechischen für gewöhnlich, dass es nicht um eine Identität geht (Gott identisch mit Wort) sondern um eine Zuweisung der Qualität (anarthrous construction): siehe "A manual grammar of greek new testament", Dana and Mantey, 1955, Macmillan Verlag (New York), Seite 149 (Fortsetzung in Antworten)
(Teil 4) In Bezug auf "logos": "Logos" kommt im neuen Testament häufig vor. Ist jetzt jedes mal, wenn wir "logos" lesen, damit Gott gemeint, weil "logos" jetzt ein Codewort für Gott ist? Nein. Das wäre absurd. Wenn wir nun sehen, dass das "logos" im Sinne der ersten vier Verse auch die schöpferische Kraft Gottes darstellt, so sagt uns dieser Vers einfach, dass Gott diese schöpferische Kraft ausmacht, er bindet diese eng an sich oder hat/besitzt diese einfach. Das sind recht einfach verständliche Formulierungen. Mit letzterer Bedeutung könnte dieser Teil des Verses also auch völlig legitim so übersetzt werden: "und Gott hatte/besaß das Wort." Also "besitzen" im Sinne davon, dass er über es verfügt und es ihm nah ist. Als Beispiel einer Übersetzung von einem Profi, die in eine sehr ähnliche Richtung geht, möchte ich hier eine Übersetzung von einem gewissen Prof. Cupitt angeben, der anglikanischer Priester sowie Cambridge Theologe ist. Hervorheben möchte ich, dass dieser selbst Trinitarier ist: "The word was with God the Father and the word was the Father's own word." Ich möchte nun Parallelen aus dem neuen Testament aufzeigen und direkt im 1. Johannesbrief beginnen, den Johannes ja selbst geschrieben hat. Das gibt uns Anhaltspunkte auf den Schreibstil von Johannes und wie er gewisse Formulierungen meint: 1. Johannes 4,8: "Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe." Hier käme auch niemand auf die Idee zu sagen, dass Gott und die Liebe ein und dasselbe wären. Wenn wir also irgendwo in der Welt oder irgendwo in der Schrift Liebe sehen, ist das dann immer exakt Gott und Gott ist nichts anderes mehr? Das ist ausgeschlossen! Mit dem, was wir bisher gelernt haben, wissen wir nun, dass die Liebe das ist, was Gott charakterisiert oder womit Gott sich verbindet. Wenn ich Gott tatsächlich erkannt habe, so erkenne ich auch die Liebe in ihm und diese sollte sich in mir reflektieren. Weitere Dinge, die Gott "ist": - Gott ist Geist (Johannes 4,24) - Gott ist Licht (1. Johannes 1,5) - Gott ist ein verzehrendes Feuer (Hebräer 12,29) Bei den Stellen fällt übrigens auf, dass es besonders Johannes ist, der diese "Gott ist/war dieses/jenes" Formulierungen verwendet; es ist sozusagen typisch für ihn. Eben dies zeigt uns neben den textlichen Überlegungen, dass Johannes extrem wahrscheinlich keine Identität von Gott und "logos" im Sinn hatte und darum geht es ja letztlich: Was hat der Schreiber damit gemeint? Ich möchte nun die Sätze davor und danach mit in die Überlegung einbeziehen: "das Wort war BEI Gott" "Dieses war im Anfang BEI Gott" Erstaunlicherweise scheinen Trinitarier diese Teilsätze einfach zu ignorieren. Diese beiden Teilsätze umschließen den kritischen Teilsatz. Diesselbe Aussage ("logos" war bei Gott) wird genauso widerholt; einmal davor und einmal danach. Mir kommt es geradezu so vor, als wenn Johannes uns warnen würde: "Achtung, denkt nicht, dass 'logos' identisch zu Gott wäre! 'Logos' war bei ihm!" Wenn man an der Identität von "logos" und Gott festhalten möchte, so erhält man einen direkten Widerspruch! Denn wie kann etwas bei jemandem sein und gleichzeitig derjenige sein? Es ist kaum davon auszugehen, dass Johannes genau das aussagen wollte; und wenn, dann hätte er das sicher einfach in Klartext so geschrieben, weil es in dieser tiefgründigen Schreibweise einfach zu viele Fragen aufgeworfen hätte. Und wenn man sich entscheiden müsste, so stünde es zwei zu eins für "logos ist bei Gott" gegenüber "logos ist Gott". Allgemeine Anmerkungen: Johannes fängt das Buch zugegebenermaßen ungewöhnlich an. Normalerweise schreibt man direkt, was Sinn und Zweck des Buches ist. Das tut Johannes aber erst am Ende: Johannes 20,31: "Diese aber sind geschrieben, damir ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen." Also was ist nun der Zweck? Damit man sieht, dass Jesus Gott sei oder dass er Teil eines "vielfaltigen Gottes" sei? Wenn das das Ziel gewesen wäre, so hätte er es hier klipp und klar schreiben können. Dieses Vers ist eigentlich nicht vereinbar mit einer "versteckten Botschaft" im Prolog. Die "versteckte Botschaft" müsste mit diesem Vers deckungsgleich sein. Nebenbei sei angemerkt, dass es selbst viele Trinitarier gibt, insbesondere unter den Theologen, die sich intensiv damit beschäftigt haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass der Johannesprolog keine Identität zwischen Gott und Jesus bedeute. Beispiel davon ist besagter Prof. Cupitt. Man muss verstehen, dass Johannes zwar griechisch geschrieben, aber hebräisch gedacht hat. Die Hebräer und insbesondere der hebräische Schreibstil ist oftmals recht bildhaft, methaphorisch und insgesamt recht blumig formuliert mit vielen Personifizierungen. Das macht es uns westlich geprägten Menschen häufig recht schwierig, die Schrift recht zu verstehen. Zusätzlich hat Johannes sich entschieden, den Prolog offensichtlich in einer recht tiefgründigen Art und Weise zu schreiben. Außerdem liegt der Text in einer Sprache vor, die heute nicht mehr in dieser Form gesprochen wird. Wenn man dann noch bedenkt, dass wir uns auch nicht mehr in dem historischen sowie Glaubenskontext der Zeit befinden, also nichtmal zum Addressatenkreis gehören, so wäre ich gerade bei diesem Kapitel sehr vorsichtig, daraus Aussagen solcher Tragweite abzuleiten. Letztlich wollte ich zeigen, dass die Aussage, dass Jesus Gott sei anhand dieses Textes einfach nicht "bewiesen" werden kann unabhängig davon, ob das Gegenteil bewiesen werden kann oder nicht. Zuletzt möchte ich mich an einer kommunikativen Beispielübersetzung versuchen. Ich möchte zeigen, wovon ich überzeugt bin, was uns dieser Text eigentlich sagen soll. Dazu noch eine kurze Übersicht möglicher Übersetzungen von "logos" (allgemein ist es ein Wort mit unglaublich vielen möglichen Bedeutungen; hier nur ein Auszug): Wort, Rede, Grund, Idee, Gedanke, Denkvermögen, Plan, schöpferische Kraft Gottes, Verheißung, Versprechen, Vision, Vorstellung Ich entscheide mich für "Plan": "Am Anfang war der Plan und dieser Plan war in Gottes Sinn. Gott hatte diesen Plan. Der Plan war von Anfang an in Gottes Sinn. Alles wurde durch den Plan und es gibt nichts, was nicht aus diesem Plan heraus entstanden ist. [...] Und der Plan ist Realität geworden in Form eines Menschen. Dieser Mensch wohnte unter uns." Möge Gott uns alle in die Wahrheit führen! Die Gande unseres Herrn Jesus sei mit allen Nachfolgern. Amen
Zu Secharja 2,15 sowie Johannes 14,23: So geht das aber nun wirklich nicht! Zunächst argumentierst du so, dass das "Kommen" JHWH's sowie das "Wohnen in deiner Mitte" bedeute, dass JHWH wortwörtich und höchstpersönlich in Form eines Menschen käme (und somit Jesus JHWH sein müsse) und dann später aber, wenn es dir dann besser zu deiner Argumentation passt (da Jesus dann nicht mehr persönlich in Sinne seines Körpers anwesend sei), geht es dann plötzlich um eine spirituelle Anwesenheit. Damit ist deine Argumentation in sich leider nicht konsistent. Entweder du entscheidest dich für das Eine oder für das Andere aber eine Argumentation kann nicht so funktionieren, dass du beides gleichzeitig annimmst. ;)
Großartige Predigt...Amen😊🙏❤❤
zum Vergleich Secharja 2,14 sowie 9,9:
Man muss verstehen, dass Secharja Kapitel 1 bis 8 eine eigene Einheit darstellen (genannt Protosacharja). Diese Kapitel wurden gegen Ende des babylonischen Exils verfasst, woraufhin die Zurückführung der Israeliten sowie der Wiederaufbau des Tempels folgte, wie Lukas ja auch richtigerweise schon festgestellt hat. Die Kapitel 9 bis 14 (genannt Deuterosecharja) dagegen sind spätere Prophetien, die auch spätere Ergeignisse, die z.B. auch endzeitliche sowie messianische Belange beinhalten.
Es ist daher unzulässig, anzunehmen, dass diese beiden Verse in Verbindung stünden. Das Ende von Kapitel 8 macht die Rückführung Israels aus dem Exil deutlich. Insofern kann Kapitel 2 unmöglich mit den Ereignissen in Kapitel 9 stehen. Man darf sich von ähnlichen Wortlauten und gleichen Namen nicht täuschen lassen. Das ist keineswegs ein "Beweis" für irgendeine Verbindung.
Aber selbst wenn es hier eine Verbindung gäbe, so kann Lukas seine Argumentationen, die er auf Secharja 2,14ff aufgebaut hat, nicht übertragen, da diese an vielen Stellen mehr als zweifelshaft sind. Siehe dazu meine anderen Kommentare.
zu Secharja 9,9:
Zunächst sollte man festhalten, dass die Verbindung, die Lukas zu Kapitel 14 herstellen möchte, unzuässig ist. Es handelt sich offensichtlich um eine ganz andere Zeit. 9,9 spricht vom Einzug des Messias nach Jerusalem. Kapitel 14 dagegen spricht von Ereignissen, die offensichtlich in der Zeit der Apokalypse geschehen. Es handelt sich somit um andere Ereignisse. Das bedeutet auch, dass der in Secharja 9,9 genannte König ein anderer sein kann als der in Kapitel 14 genannte. Nach dieser Logik könnte man auch jeden anderen König Israels, zum Beispiel David, als JHWH bezeichnen. Hier hat Lukas leider den Fehler gemacht, den er schon so häufig in dieser Videoserie an den Tag gelegt hat. Nur, weil dasselbe Wort für zwei Individuen verwendet werden, heißt das noch lange nicht, dass diese beiden Individuen identisch sein müssen. Wenn wir heutzutage sagen, dass sowohl Emmanuel Macron als auch Joe Biden Präseidenten sind, so käme auch niemand auf die Idee zu sagen, dass diese in Wahrheit dieselbe Person wären.
Der Text in Secharja 9,9 sowie der Kontext machen jedenfalls deutlich, dass es sich bei diesem König um eine andere Person handelt und eben nicht um JHWH. Man sieht im Kontext, dass es JHWH ist, der am Sprechen ist. Wenn von "ich" die Rede ist, so erkennen wir dies anhand von 9,1 dass JHWH spricht. In den vorausgehenden Versen 5-8 sehen wir, dass JHWH ausnahmslos in der ersten Person spricht ("ich"). In Vers 9 spricht er dann aber über diesen König in der dritten Person. In den darauffolgenden Versen 10-13 spricht JHWH dann wieder ausnahmslos in der ersten Person ("ich"). Damit grenzt sich JHWH meines Erachtens nach schon ziemlich von dieser Person ab.
Zudem gebraucht der Schreiber hier für diesen König eine Sprache, die für JHWH unwürdig wäre: Er benutzt das Adjektiv "demütig", was alternativ auch mit "niedrig" oder "elend" übersetzt werden kann. JHWH kann sich vor niemanden demütigen denn er ist der Allerhöchste und über Allem.
Zudem lesen wir, dass dieser König auf einem Fohlen reiten würde. Damit dürfte für jeden hebräischen Leser klar gewesen sein, dass ein Mensch und somit nicht JHWH selbst gemeint sei, denn JHWH ist kein Mensch:
- Hosea 11,9
- 1. Samuel 15,29
- Hiob 9,32
Abschließend sehen wir, passend zu alledem, dass in Johannes 12,13 geschrieben steht:
"Gepriesen, der da kommt im Namen des Herrn und der König Israels!"
In Secharja 9,9 kann also der König unmöglich JHWH sein, da JHWH nicht im Namen von JHWH kommen kann. Das wäre unlogisch. Zu dem Teil "der König Israels" könnte ich meine Argumente von oben wiederholen: Es gab im Verlauf der Geschihte viele Könige Israels. Das bedeutet daher keine Identität mit JHWH.
Ich wundere mich ehrlich gesagt auch, dass hier versucht wird, außgerechnet diese Bibelstelle als "Beweis" anzuführen. Ich kenne sonst keine Trinitarier, die das tun würden. Dafür gibt es auch gute Gründe denn wie ich dargelegt habe bewegt man sich damit hier auf äußerst dünnem Eis. Ein "Beweis" kann das auf gar keinen Fall sein.
Den Johannesprolog zu verwenden, um Lukas' Interpretation zu stützen, dass JHWH in Secharja 2,14ff wohl selbst als Mensch käme, ist im Sinne der Argumentation nicht nützlich. Wenn der Johannes Prolog das aussagen sollte, was Lukas meint, so bräuchte man Secharja 2,14ff nicht mehr als "Beweistext", da der Johannes Prolog die Hypothese ja schon "bewiesen" hätte (was der Johannes Prolog aus meiner Sicht aber nicht tut; siehe meinen anderen Kommentar dazu). Insofern ist diese Art des Argumentierens technisch gesehen falsch.
Zitat Video: "Johannes weiß, dass Secharja prophezeit hat, dass der Tag kommen wird, wo Jahwe Gott auf diese Erde kommt und unter seinem Volk wohnen will."
Wenn gemeint ist, dass JHWH als Mensch gekommen wäre, dann ist diese Aussage, was Johannes dachte, reine Spekulation. Siehe meinen anderen Kommentar dazu.
zu Secharja 14,9:
Es ist wichtig zu verstehen, dass es zu verschiedenen Zeiten Könige gab, die z.T. auch von Gott eingesetzt wurden. Hier kann daher keine Verbindung zu Secharja 9,9 hergestellt werden (siehe meinen anderen Kommentar).
Es ist richtig, dass JHWH König über die ganze Erde sein wird. Es kann aber sein, dass JHWH König ist und gleichzeitig jemand anderes König ist. Man darf nicht den Fehler machen, anhand eines Titels eine Person mit einer anderen zu identifizieren. Wenn beispielsweise Emmanuel Macron Präsident ist und Joe Biden ebenfalls Präsident ist, so bedeutet das nicht, dass es sich dabei in Wahrheit um dieselbe Person handeln würde.
Die Bibel macht unmissverständlich klar, dass Jesus "König" ist:
Apostelgeschichte 17,7: "und diese alle handeln gegen die Verordnungen des Kaisers, da sie sagen, dass ein anderer König sei: Jesus"
Wir sehen aber auch, dass jedes Amt und jeder Titel, den Jesus erhalten hat, ebenfalls von Gott erhalten hat (Apostelgeschichte 2,36; 5,31; 10,42). Also Jesus ist der von Gott eingesetzte König. Es gibt also keinen Anlass, anzunehmen, dass Jesus "König" in derselben Art wäre, wie es JHWH in Secharja 14,9 ist, sondern einfach ein König, der JHWH untergeordnet ist, wie Jesus es auch selbst von sich sagt, dass er geringer sei.
Alternativ kann man das auch so verstehen, dass Jesus den Titel des Königs inne hat bis JHWH selbst diesen Titel übernehmen wird denn es steht geschrieben:
1. Korinther 15,24-27: "dann das Ende, wenn er das Königreich dem Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat. Denn er muss König sein bis er [d.h. Gott] alle seine Feinde unter seine [d.h. Jesus] Füße gelegt hat. Als letzter Feind wird der Tod weggetan. [Zitat:] >Denn alles hat er seinen Füßen unterworfen.< Wenn es aber heißt, dass alles unterworfen ist, so ist klar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn ihm [d.h. Jesus] aber alles unterworfen ist, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem ist."
Wir sehen also klar, dass in diesem endzeitlichen Szenario Jesus stets Gott untergeordnet (unterworfen) bleibt. Es kann also keine Rede von "der Vater holt Jesus auf seine Ebene" sein. Ebenso sehen wir, dass es möglich wäre, dass Jesus den Titel "König" verlieren könnte, sobald er das Königreich dem Vater übergeben hat. Ob er dann den Titel "König" behält ist fürmich persönlich aber eher eine Spitzfindigkeit; Jesus wird auf jeden Fall eine außerordentliche Rolle behalten! Jedenfalls besteht hier anhand von Secharja 14,9 keineswegs irgendeine Notwendigkeit, dass Jesus auch JHWH sein müsse. Die Schriften sind auch so in perfekter Harmonie. Das neue Testament schmückt das, was in Secharja 14 beschrieben ist, noch weiter aus. Die fehlenden Details werden sozusagen hinzugefügt.
zu Secharja 14,5: "[...] Dann wird JHWH, mein Gott, kommen und alle Heiligen mit ihm."
Das muss keineswegs so verstanden werden, wie es hier in dem Video gemacht wird. Man muss verstehen, dass Secharja Kapitel 14 tatsächlich ein apokalyptisches Kapitel ist. Wir wissen aber aus neutestamentlicher Offenbarung der Endzeiten, dass die Verse 5-9 in Secharja Kapitel 14 einen bestimmten Teil der Endzeit extrem kompakt darstellt. Daher ist es nicht falsch, anzunehmen, dass die Ereignisse in diesem Vers 5 einen größeren, lose definierten Zeitraum betreffen. Innerhalb dieses größeren Zeitraumes kommt zum einen JHWH und zum anderen auch die Heiligen. Beides sehen wir in neutestamentlichen Offenbarungen. Innerhalb dieses größeren, lose definierten Zeitraumes kommen "die Heiligen mit JHWH". Das wäre so, als wenn jemand sagt "als ich angefangen habe Fußball zu spielen, habe ich mir passende Schuhe gekauft". Das würde auch nicht bedeuten, dass damit ein exakter, auf die Millisekunde genauer Zeitpunkt gemeint ist und somit der Schuhkauf vollzogen wurde just in dem Moment, wo derjenige das erste mal auf den Rasen gegangen ist.
Alternativ könnte man das auch so verstehen, dass JHWH tatsächlich zusammen mit Jesus käme, aber zunächst in geistlicher Form, ebenso wie "Gott mit Jesus war" als er das erste mal auf der Erde war:
Johannes 3,2: "[...] den niemand kann diese Zeichen tun es sei denn Gott ist mit ihm."
Apostelgeschichte 10,38: "[...] denn Gott war mit ihm."
Letztlich wirkt Gott sowieso immer bei allem mit. Das bedeutet aber keineswegs, dass Jesus JHWH sein müsse. Also es ist ohne Probleme möglich, dass die Heiligen "mit JHWH kommen", da in diesem Szenario ebenfalls "Jesus mit JHWH kommt" und somit auch "Jesus mit den Heiligen kommt", ohne, dass Jesus JHWH sein müsse.
Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch 1. Korinther 15,24-27.
Dass die Heiligen (mit Jesus) kommen, ist gemeinhin bekannt. In Offenbarung 21,3-4 lesen wir, dass "Gott selbst bei ihnen sein" wird im neuen Jerusalem, nachdem es herabgekommen ist. Vorher war das, obwohl Jesus ja schon da war, wohl nicht der Fall! Ich vermute daher, dass dies das ist, worauf sich Secharja 14,5 bezieht. Ob Gott dann dort als irgendwie sichtbare und erfahrbares Wesen sein wird, wir also Gott "von Angesichts zu Angesichts" begegnen können oder Gott doch wieder im Geiste im neuen Jerusalem wohnen wird, geht so nicht zweifelsfrei aus der Bibel hervor. Sicher ist aber, dass Gott verschiedentlich "anwesend" sein kann und wirken kann.
Zitat aus dem Video: "Der Vater hebt den Sohn auf die gleiche Stufe."
Diese Aussage findet sich nirgends in der Bibel. Diese Aussage ist so widersprüchlich wie so ziemlich der ganze Rest der Dreieinigkeitslehre. Einen kurzen Moment vorher wurde noch richtigerweise festgestellt, dass der Sohn niedriger als der Vater und dem Vater absolut unterstellt ist. Der allmächtige Gott, JHWH, kann das Gericht überlassen wem er will und wirken durch wen er will. Das ändert nichts an seiner absoluten Souverinität.
Zum Johannesprolog / Johannes 1:
Zunächst möchte ich festhalten, dass das altgriechische Wort für "Wort" logos (λόγος) ist. Erstaunlicherweise argumentieren viele Trinitarier (nicht alle, es gibt ehrenswerter Weise genügend, die um die Schwierigkeiten wissen) auf eine Art und Weise, bei der die eigentliche Übersetzung des Wortes völlig irrelevant ist. Bei sowas bin ich immer schon sehr stutzig; die Übersetzung der Wörter müssen in einem Text stets eine entscheidende Rolle spielen. Das heißt auch, dass diese Art der Argumentation ebenso mit so ziemlich jedem anderen Wort funktionieren würde, z.B. Stier. Das Beispiel klingt jetzt besonders absurd, aber eben so verhält es sich. Jedenfalls werde ich im Sinne dieser Art der Argumentation daher nur von "logos" sprechen; damit alle wissen, was ich meine.
Erstmal will ich festhalten, dass im Johannesprolog gar nicht wortwörtlich steht, dass Jesus Gott sei. Es steht dort wortwörtlich auch nichts davon, dass Jesus "logos" sei. Das nehmen einfach viele als gegeben an und merken gar nicht, dass sie dabei bereits massiv geschlussfolgert und an manchen Stellen auch Annahmen getroffen haben.
Als ich den Prolog die ersten Male gelesen habe, kam ich auch überhaupt nicht auf die Idee, das so zu verstehen. Ich vermute, dass es da vielen ähnlich ging. Diese Art der Interpretation kommt eher dann zustande, wenn man sie zumindest einmal gehört hat; meistens, indem man sich mit Dreieinigkeit befasst und man von jemandem "die rechte Auslegung" gehört hat. Dann liest man den Text mit dieser Prägung und konstruiert diese Schlussfolgerungen unbewusst automatisch.
Diese Schlussfolgerung besteht aus vier Teilschlusfolgerungen:
1. Aus den Versen 15 und 17 leitet man ab, dass das "Fleisch", welches in Vers 14 genannt ist, identisch mit Jesus ist. Also Fleisch und Jesus sind in diesem Vers ein und dasselbe.
2. Man nimmt Schlussfolgerung 1 und nimmt an, dass das "logos" im Vers 14 identisch mit dem ist, wozu es dann geworden ist, also dem Fleisch, also Jesus. "Logos" sei also ein Synonym für Jesus. "Logos" sei ein und dasselbe wie Jesus. Man könnte auch sagen, dass "logos" ein anderer Name für Jesus sei. Man sagt daher, dass "logos", also ein "Wort" (in der gängigsten Übersetzung), eine wirkliche Person und nicht nur "Wort" sei.
3. Wegen Vers 1 (Gott war der "logos") nimmt man an, dass "logos" ein Synonym für Gott sei. Also "logos" und Gott seien ein und dasselbe. Man könnte auch sagen, dass "logos" ein weiterer Name für Gott sei.
4. Man nimmt Schlussfolgerungen 3 und 4 und schlussfolgert daraus, dass Jesus Gott sei. (Gott = "logos" = Fleisch = Jesus)
Man sieht, dass das dann doch einige Ecken sind. Ich möchte nun auf jede dieser Schlussfolgerungen eingehen.
Ich denke Schlussfolgerung 1 ist unbestritten.
Schlussfolgerung 4 kann nur valide sein, wenn Schlussfolgerungen 2 und 3 beide richtig sind. Aber selbst hier gibt es noch eine andere Interpretationsmöglichkeit, die ich der Vollständigkeit halber aufzeigen möchte: Es könnte sein, dass das in Vers 1 genannte "logos" ein anderes ist, als das, welches in Vers 14 genannt wird. Ich persönlich denke aber nicht, dass es das ist, was Johannes meinte. Insbesondere halte ich das deshalb für sehr unwahrscheinlich, weil im Urtext der bestimmte Artikel (zu deutsch "das") genannt wird, welcher optional ist (einen unbestimmten Artikel gibt es in Altgriechisch nicht) und oft ähnlich wie ein Demonstrativpronomen verwendet wird, wenn der Artikel am Anfang eines Satzes steht. Wenn Letzteres der Fall ist, so käme nur "logos" aus den ersten Versen in Frage.
Also was ist nun mit diesen beiden kritischen Teilschlussfolgerungen 2 und 3? Sind diese tatsächlich zwingend, also sind diese die einzig vernünftigen Folgerungen, die man anhand des Textes machen kann?
Zu Schlussfolgerung 2:
Zunächst sollten wir festhalten, dass in dem Text überhaupt nicht steht, dass "logos" das "Fleisch" IST. Genau das sagt man aber, wenn man behauptet, dass Jesus dieser "logos" sei, also eine Identität beider bestehen würde. Es steht, dass "logos" Fleisch geworden ist. Jesus ist also nicht das Wort, sondern Jesus ist das, WAS AUS DEM WORT GEWORDEN IST.
Wie man Letzteres verstehen kann bzw. dass das eben keine Identität von "Wort" und Jesus bedeutet, möchte ich anhand eines Beispiels und anhand von Parallelen aus der Bibel verdeutlichen:
Man stelle sich vor, dass ein Ehepaar einen Sohn bekommen möchte. Also sagt der Vater: "Wir werden einen Sohn bekommen und ihn Markus nennen." Zwei bis drei Jahre später ist es dann soweit und die Frau gebährt einen Jungen, welcher Markus genannt wird. Das Wort des Vaters ist also Fleisch geworden. Es ist Realitat geworden.
(Fortsetzung in Antworten)
Man vergleiche es außerdem mit der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 1,2-30). Gott sprach, er hat Wort hervorgebracht (Psalm 33,6), und dieses Wort wurde zu allen möglichen Dingen der Schöpfung. Auch hier sehen wir sehr schön, wie das Wort Gottes zu verschiedenen Dingen geworden ist. Das bedeutet aber längst nicht, dass zum Beispiel eine Blume nach wie vor das Wort Gottes geschweige denn Gott selbst ist in dem Sinne ist, dass die Blume identisch zum Wort Gottes wäre; das wäre absurd. Ebenso in Bezug auf den Johannesprolog; der Vergleich ist übrigens nicht unangemessen, wird doch in den Versen 1 ("Im Anfang war das Wort") sowie 3 ("Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das geworden ist.") sehr wahrscheinlich Bezug auf die Schöpfungsgeschichte genommen: Wenn "das Wort" zu allen möglichen Dingen geworden ist und Jesus "das Wort" im Sinne einer wirklich existierenden Person sei, dann sagt man damit im Grunde, dass jeder Baum, jeder Berg und jede Blume ebenfalls Jesus seien. Das wäre völlig absurd; er wäre dann ja schon von Anfang an auf der Erde. Erstaunlicherweise habe ich aber eine Person getroffen, die eben dies behauptet: Jeder und alles sei Jesus. Wie die Person darauf kommt, weiß ich nicht, es würde mich aber nicht wundern, wenn das aus eben dieser Argumentation käme, die ich eben aufgezeigt habe und rein von der Konsequenz der Schlussfolgerung hätte die Person damit sogar Recht!
Nun möchte ich einen historischen Abriss darüber geben, wie die Idee überhaupt entstanden ist, dass "logos" einer existierenden Person entspricht und nicht nur einfach das, was es wortwörtlich bedeutet; diese Idee wird auch "logos Lehre" genannt.
Dazu muss ich zunächst auf bestimmte Aspekte des Platonismus bzw. des Neoplatonismus eingehen, welche griechische Philosophien und Mythologien beinhalten. Im Platonismus wurden bestimmte Kategorien der Wertigkeit nach sortiert, wie edel und ehrenvoll sie seien. Ganz oben sei das Geistliche, kurz darunter dann solche Kategorien wie die Weisheit oder der Intellekt. Ganz unten findet sich dann die körperliche Arbeit. Daher war bei den Griechen das Philosophieren deutlich "edler" als zum Beispiel körperliche Arbeiten, was letztlich auch der Grund dafür war, dass es als ehrenhaft galt, nicht zu arbeiten (was dann Sklaven erledigen mussten). Diese Wertigkeitsrangfolge wurde im Neoplatonismus später so interpretiert, dass das Geistliche stark vom Physischem getrennt sei und dass das Physische, bzw. genauer die Materie, schlecht und das Geistliche gut sei. Diese Ideen uferten dann später im Neoplatonismus darin aus, dass man gesagt hat, dass ein Schöpfergott oder ein höchster Gott, der rein geistlich und damit komplett gut sei, das Universum gar nicht hätte erschaffen können, da er sonst mit der unreinen Materie in Verbindung gekommen wäre. Eine andere Interpretation ist die, dass für einen obersten Gott keinerlei Arbeit, und damit auch keine schöpferische Tätigkeit, angemessen wäre.
Daher hat man einen Halbgott oder Untergott postuliert, der als Schöpfungsvermittler dient, der auch Demiurg genannt wird. Am Rande sei angemerkt, dass dieses gesamte Gedankenkonstrukt auch eben jenes ist, welches später im Christentum (vor allem im zweiten Jahrhundert) unter Inbezugnahme von Philons Lehren (sehen wir gleich) zu den Sekten der sogenannten Gnostikern (Gnosis) geführt hat.
Nun trat gegen Anfang des ersten Jahrhunderts ein sogenannter Philon aus Alexiandrien auf, der in Alexandria studiert hat. Er war ein Jude, jüdischer Gelehrter und zugleich aber auch griechischer Philosoph. In Alexandria wurde er griechische Philosophie sowie Mythologie gelehrt; Alexandria war eine Hochburg dieser Lehren.
Der erste in Bezug auf unsere Frage bemerkenswerte Punkt ist, dass er der erste jüdische Gelehrte war, der die sogenannte allegorische Exegese anwandte. Diese Form der Exegese konzentriert sich nicht auf die eigentliche Bedeutung oder die wortwörtlichen Bedeutungen eines Textes, sondern sieht gewisse Dinge oder Wörter als ein Symbol für etwas anderes; so wie zum Beispiel "logos" ein Symbol für Jesus sei, da es ihn charakterisiere. Annahme ist, dass Gott in Texten etwas Tiefgründigeres versteckt habe; Geheimnisse, die man entdecken müsse. Das ging natürlich total gegen die jüdische Orthodoxie sowie gegen das hebräische Mindset.
Wichtiger ist aber, dass Philon Aspekte des Neoplatonismus und des Stoismus mit dem jüdischen Glauben vermischt hat. Er ging nicht so weit, zu behaupten, dass Gott der Demiurg (Halbgott) gewesen sei, über dem es noch einen anderen Gott gäbe, aber er hat die Existenz eines Demiurgs postuliert und dann nach Wegen gesucht, diese Idee mit dem alten Testament zu vereinbaren. Wir erinnern uns, der Demiurg ist auch der Schöpfungsvermittler. Nur ist es recht schwierig, diese Idee in die Schöpfungsgeschichte hinein zu interpretieren. Also hat er sich unter Einbezug vom Psalm 33,6 ausgedacht, dass das Wort Gottes, also der
"logos", dieser Demiurg sei und man die Bibelstelle allegorisch auslegen müsse, um dies zu verstehen. Wie gesagt, Philon war nichtmal Christ und hat diese Ideen unabhängig vom Messias Jesus entwickelt. Philon hat einen Samen für den späteren Gnostizismus gesät; die Gnostiker haben häufig vom "logos" in Philons Sinne geredet.
Im zweiten Jahrhundert hat dann Justin der Märtyrer, der ebenfalls stark von griechischer Philosophie und Mythologie geprägt war, diese "logos Lehre" übernommen; sehr wahrscheinlich von Philon. Das Maß, mit dem Justin den christlichen Glauben mit der Philosophie vereinbaren wollte, ist extrem gewesen. So habe er z.B. behauptet, dass beides komplett miteinander vereinbar sei und die alten Philosophen in Wahrheit auch Christen gewesen wären.
Durch diese Vorprägungen entstand dann bei Justin der Eindruck, dass Jesus, der ja auch Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, was zufällig genau der Definition eines Demiurgs entsprechen würde, logischerweise dieser "logos" sein müsse. Ein solcher "logos-Mittler" hat aber gleichzeitig göttliche sowie menschliche Züge, wodurch die Idee des "Menschengottes" Jesus entstand. Die Idee von "Menschengöttern" kommt ebenfalls aus der griechischen Mythologie. Jedenfalls kann man sich das aber nicht so vorstellen, als wenn er damit gesagt hätte, dass Jesus JHWH, der Gott des alten Testamentes, sei, sondern vertrat, wie so ziemlich alle Schreiber der ersten drei Jahrhunderte, die sogenannte Subordination. Justin war es letztlich, der die "logos Lehre" ein gewaltiges Stück dem Mainstream näher gebracht hat.
(Fortsetzung in Antworten)
(Teil 3) Will man nun trotz des Wissens um diese historische Entwicklung "logos" als eine Person interpretieren? Das käme super nah an die Lehren von Philon heran, der ja zwei Götter und einen Schöpfungsvermittler unter JHWH gelehrt hat. Unterstellt man Johannes damit nicht, dass er Anhänger der unheiligen Lehren Philons oder gar Gnostiker gewesen wäre?
Historisch gesehen wissen wir, dass das Johannes Evangelium wegen des recht tiefgründigen und oftmals nicht so eindeutigen Schreibstils von ettlichen Strömungen, unter anderen protognostischen wie z.B. Kerinth, viel Material für "Unfug" geliefert hat. Johannes hat all diese Gruppierungen aber vehement verurteilt und ihnen unterstellt, sie würde seine Worte missbrauchen.
Ich vermute daher, dass Johannes in seinem ersten Brief, der vermutlich eine ganze Weile später verfasst wurde, ganz bewusst vom "Leben" anstatt vom "logos" gesprochen hat (1. Johannes 1,2).
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Schlussfolgerung 3:
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Es ist wichtig zu sehen, dass die allermeisten Übersetzungen die Wortreihenfolge ändern. Was im Urtext im letzten Teil des ersten Verses steht, ist daher: "und Gott war das 'logos'."
Falls jemand das anzweifelt, so kann man das ohne Schwierigkeiten in der Interlinearübersetzung auf Biblehub nachprüfen (Englischkenntnisse vorausgesetzt).
Nun verstehen das viele automatisch als eine Identität, also dass "logos" und Gott identisch wären. Daher haben sich viele Übersetzer wahrscheinlich auch dazu hinreißen lassen, die Reihenfolge der Wörter umzudrehen, als wenn es keinen Unterschied machen würde; oder man orientiert sich einfach an der Mehrheit der "orthodoxen" Übersetzer (Übersetzungstradition).
Jedenfalls macht die Wortreihenfolge im Urtext schon einen Unterschied. Mindestens ist die von mir gezeigte Übersetzung so eben grammatikalisch korrekt. Normalerweise käme man ja auch nicht auf die Idee, den Ausführenden einer Handlung mit dem Ziel der Handlung auszutauschen. Beispielsweise würde niemand sagen, dass man den Satz
"Hans erschießt den Eber."
einfach in
"Der Eber erschießt Hans."
umändern darf. Nun könnte ein Spitzfindiger daherkommen und behaupten, dass das bei dem Verb "ist" eben anders sei, da es zwangsläufig eine Identitat ausdrücken würde. Nur ist das zwangsläufig so?
Selbst in unserem heutigen Sprachgebrauch ist es nach wie vor so, dass das Wort "ist" nicht unbedingt eine Identität ausdrückt. Ein Beispiel:
"Der junge Mann war extrem wütend. Er war eine rasende Wildsau."
Ähnliche Formulierungen kennen wir nur zu gut. Bedeutet das jetzt, dass der Mann im wortwörtlichen Sinne eine Wildsau war? Auf die Idee käme niemand! Man muss stets den Kontext betrachten. Ein weiteres Beispiel:
"Markus ist Polizist."
Bedeutet das jetzt, dass das Wort "Polizist" zu einem Synonym für Markus geworden ist? Also jedes mal, wenn mir "Polizist" begegnet, ist es dann Markus? Darauf käme niemand. "Polizist" beschreibt eine Eigenschaft oder das Wesen von Markus.
Nun sind das aber deutsche Beispiele und der Gebrauch des Wortes "sein" (emi) möglicherweise anders in Altgriechisch, mag jemand einwerfen. Und diese Überlegung ist auch nicht verkehrt. Was bedeutet dieses Wort "sein" eigentlich im Urtext? Das zu ergründen, hilft uns enorm zu verstehen, was der Text überhaupt bedeuten kann. Ich habe in Lexika und Wörterbüchern nachgeschlagen und dabei festgestellt, dass das altgriechische Wort sogar für deutlich mehr Bedeutungen stehen kann bzw. in deutlich vielfältigerer Art und Weise verwendet werden kann, als wir es gewohnt sind. Mein Eindruck ist, dass es sich fast um ein Universalwort handelt. Hier mal Auszüge aus Thayers Greek Lexicon:
"II. emi (as a copula) connects the subject with the predicate, where the sentence shows who or what a person or thing is AS RESPECTS CHARACTER, NATURE, DISPOSITION, RACE, POWER, DIGNITY, GREATNESS, AGE etc."
"II. 2. emi, as a copula, indicates that the SUBJECT IS OR IS TO BE COMPARED TO THE THING EXPRESSED BY THE PREDICATE"
Hier noch ein Zitat aus dem Altgriechisch-Deutschem-Wörterbuch Gemoll (10. Ausgabe):
"II. als Kopula zur VERBINDUNG des Subjektes mit dem Prädikat: sein, bedeuten, AUSMACHEN, gelten. Als nähere Bestimmung treten hinzu:
1. ein subst. a. im nom. b. im gen. qual. usw. c. im dat.: HABEN, BESITZEN
Wir sehen also, dass mit "ist" das zweite Wort ("logos") das erste (Gott) in seinem Wesen, seinem Charakter, in seiner Art beschreibt oder dass das Zwitgenannte das Erstgenannte ausmacht oder im Sinne eines Vergleichs verdeutlicht, wie das Erstgenannte ist oder verdeutlicht, dass das Erstgenannte sich sehr eng mit dem Zweitgenannten verbunden fühlt oder sogar, dass das Erstgenannte das Zweitgenannte hat/besitzt. In jedem Fall ist die Reihenfolge bei diesem altgriechischem Wort extrem wichtig.
Kann es auch "sein" im Sinne von einer Identität ausdrücken? Sehr wohl, aber das ist in der Originalsprache eine untergeordnete Bedeutung. Dagegen spricht zudem die Tatsache, dass im Urtext der Artikel vor "theos" (Gott) fehlt wohingegen in dem Teil davor sowie danach vor "theos" (Gott) jeweils der Artikel steht. Das bedeutet im Altgriechischen für gewöhnlich, dass es nicht um eine Identität geht (Gott identisch mit Wort) sondern um eine Zuweisung der Qualität (anarthrous construction): siehe "A manual grammar of greek new testament", Dana and Mantey, 1955, Macmillan Verlag (New York), Seite 149
(Fortsetzung in Antworten)
(Teil 4) In Bezug auf "logos": "Logos" kommt im neuen Testament häufig vor. Ist jetzt jedes mal, wenn wir "logos" lesen, damit Gott gemeint, weil "logos" jetzt ein Codewort für Gott ist? Nein. Das wäre absurd.
Wenn wir nun sehen, dass das "logos" im Sinne der ersten vier Verse auch die schöpferische Kraft Gottes darstellt, so sagt uns dieser Vers einfach, dass Gott diese schöpferische Kraft ausmacht, er bindet diese eng an sich oder hat/besitzt diese einfach. Das sind recht einfach verständliche Formulierungen. Mit letzterer Bedeutung könnte dieser Teil des Verses also auch völlig legitim so übersetzt werden:
"und Gott hatte/besaß das Wort."
Also "besitzen" im Sinne davon, dass er über es verfügt und es ihm nah ist.
Als Beispiel einer Übersetzung von einem Profi, die in eine sehr ähnliche Richtung geht, möchte ich hier eine Übersetzung von einem gewissen Prof. Cupitt angeben, der anglikanischer Priester sowie Cambridge Theologe ist. Hervorheben möchte ich, dass dieser selbst Trinitarier ist:
"The word was with God the Father and the word was the Father's own word."
Ich möchte nun Parallelen aus dem neuen Testament aufzeigen und direkt im 1. Johannesbrief beginnen, den Johannes ja selbst geschrieben hat. Das gibt uns Anhaltspunkte auf den Schreibstil von Johannes und wie er gewisse Formulierungen meint:
1. Johannes 4,8: "Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe."
Hier käme auch niemand auf die Idee zu sagen, dass Gott und die Liebe ein und dasselbe wären. Wenn wir also irgendwo in der Welt oder irgendwo in der Schrift Liebe sehen, ist das dann immer exakt Gott und Gott ist nichts anderes mehr? Das ist ausgeschlossen!
Mit dem, was wir bisher gelernt haben, wissen wir nun, dass die Liebe das ist, was Gott charakterisiert oder womit Gott sich verbindet. Wenn ich Gott tatsächlich erkannt habe, so erkenne ich auch die Liebe in ihm und diese sollte sich in mir reflektieren.
Weitere Dinge, die Gott "ist":
- Gott ist Geist (Johannes 4,24)
- Gott ist Licht (1. Johannes 1,5)
- Gott ist ein verzehrendes Feuer (Hebräer 12,29)
Bei den Stellen fällt übrigens auf, dass es besonders Johannes ist, der diese "Gott ist/war dieses/jenes" Formulierungen verwendet; es ist sozusagen typisch für ihn. Eben dies zeigt uns neben den textlichen Überlegungen, dass Johannes extrem wahrscheinlich keine Identität von Gott und "logos" im Sinn hatte und darum geht es ja letztlich: Was hat der Schreiber damit gemeint?
Ich möchte nun die Sätze davor und danach mit in die Überlegung einbeziehen:
"das Wort war BEI Gott"
"Dieses war im Anfang BEI Gott"
Erstaunlicherweise scheinen Trinitarier diese Teilsätze einfach zu ignorieren. Diese beiden Teilsätze umschließen den kritischen Teilsatz. Diesselbe Aussage ("logos" war bei Gott) wird genauso widerholt; einmal davor und einmal danach. Mir kommt es geradezu so vor, als wenn Johannes uns warnen würde: "Achtung, denkt nicht, dass 'logos' identisch zu Gott wäre! 'Logos' war bei ihm!"
Wenn man an der Identität von "logos" und Gott festhalten möchte, so erhält man einen direkten Widerspruch! Denn wie kann etwas bei jemandem sein und gleichzeitig derjenige sein? Es ist kaum davon auszugehen, dass Johannes genau das aussagen wollte; und wenn, dann hätte er das sicher einfach in Klartext so geschrieben, weil es in dieser tiefgründigen Schreibweise einfach zu viele Fragen aufgeworfen hätte.
Und wenn man sich entscheiden müsste, so stünde es zwei zu eins für "logos ist bei Gott" gegenüber "logos ist Gott".
Allgemeine Anmerkungen:
Johannes fängt das Buch zugegebenermaßen ungewöhnlich an. Normalerweise schreibt man direkt, was Sinn und Zweck des Buches ist. Das tut Johannes aber erst am Ende:
Johannes 20,31: "Diese aber sind geschrieben, damir ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen."
Also was ist nun der Zweck? Damit man sieht, dass Jesus Gott sei oder dass er Teil eines "vielfaltigen Gottes" sei? Wenn das das Ziel gewesen wäre, so hätte er es hier klipp und klar schreiben können. Dieses Vers ist eigentlich nicht vereinbar mit einer "versteckten Botschaft" im Prolog. Die "versteckte Botschaft" müsste mit diesem Vers deckungsgleich sein.
Nebenbei sei angemerkt, dass es selbst viele Trinitarier gibt, insbesondere unter den Theologen, die sich intensiv damit beschäftigt haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass der Johannesprolog keine Identität zwischen Gott und Jesus bedeute. Beispiel davon ist besagter Prof. Cupitt.
Man muss verstehen, dass Johannes zwar griechisch geschrieben, aber hebräisch gedacht hat. Die Hebräer und insbesondere der hebräische Schreibstil ist oftmals recht bildhaft, methaphorisch und insgesamt recht blumig formuliert mit vielen Personifizierungen. Das macht es uns westlich geprägten Menschen häufig recht schwierig, die Schrift recht zu verstehen. Zusätzlich hat Johannes sich entschieden, den Prolog offensichtlich in einer recht tiefgründigen Art und Weise zu schreiben. Außerdem liegt der Text in einer Sprache vor, die heute nicht mehr in dieser Form gesprochen wird. Wenn man dann noch bedenkt, dass wir uns auch nicht mehr in dem historischen sowie Glaubenskontext der Zeit befinden, also nichtmal zum Addressatenkreis gehören, so wäre ich gerade bei diesem Kapitel sehr vorsichtig, daraus Aussagen solcher Tragweite abzuleiten. Letztlich wollte ich zeigen, dass die Aussage, dass Jesus Gott sei anhand dieses Textes einfach nicht "bewiesen" werden kann unabhängig davon, ob das Gegenteil bewiesen werden kann oder nicht.
Zuletzt möchte ich mich an einer kommunikativen Beispielübersetzung versuchen. Ich möchte zeigen, wovon ich überzeugt bin, was uns dieser Text eigentlich sagen soll.
Dazu noch eine kurze Übersicht möglicher Übersetzungen von "logos" (allgemein ist es ein Wort mit unglaublich vielen möglichen Bedeutungen; hier nur ein Auszug): Wort, Rede, Grund, Idee, Gedanke, Denkvermögen, Plan, schöpferische Kraft Gottes, Verheißung, Versprechen, Vision, Vorstellung
Ich entscheide mich für "Plan":
"Am Anfang war der Plan und dieser Plan war in Gottes Sinn. Gott hatte diesen Plan. Der Plan war von Anfang an in Gottes Sinn. Alles wurde durch den Plan und es gibt nichts, was nicht aus diesem Plan heraus entstanden ist.
[...]
Und der Plan ist Realität geworden in Form eines Menschen. Dieser Mensch wohnte unter uns."
Möge Gott uns alle in die Wahrheit führen! Die Gande unseres Herrn Jesus sei mit allen Nachfolgern. Amen
Zu Secharja 2,15 sowie Johannes 14,23:
So geht das aber nun wirklich nicht! Zunächst argumentierst du so, dass das "Kommen" JHWH's sowie das "Wohnen in deiner Mitte" bedeute, dass JHWH wortwörtich und höchstpersönlich in Form eines Menschen käme (und somit Jesus JHWH sein müsse) und dann später aber, wenn es dir dann besser zu deiner Argumentation passt (da Jesus dann nicht mehr persönlich in Sinne seines Körpers anwesend sei), geht es dann plötzlich um eine spirituelle Anwesenheit. Damit ist deine Argumentation in sich leider nicht konsistent. Entweder du entscheidest dich für das Eine oder für das Andere aber eine Argumentation kann nicht so funktionieren, dass du beides gleichzeitig annimmst. ;)