sozusagen grundlos vergnügt Mascha Kaléko

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  • Опубликовано: 13 сен 2024
  • Aus: Mascha Kaléko: In meinen Träumen läutet es Sturm. © 1977 dtv Verlagsgesellschaft, München
    Sozusagen grundlos vergnügt
    Ich freu mich, daß am Himmel Wolken ziehen
    Und daß es regnet, hagelt, friert und schneit.
    Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
    Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
    - Daß Amseln flöten und daß Immen summen,
    Daß Mücken stechen und daß Brummer brummen.
    Daß rote Luftballons ins Blaue steigen.
    Daß Spatzen schwatzen. Und daß Fische schweigen.
    Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
    Und daß die Sonne täglich neu aufgeht.
    Daß Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
    Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
    Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
    Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
    Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
    Ich freue mich vor allem, daß ich bin.
    In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
    Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
    An solchem Tag erklettert man die Leiter,
    Die von der Erde in den Himmel führt.
    Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
    - Weil er sich selber liebt - den Nächsten lieben.
    Ich freue mich, daß ich mich an das Schöne
    Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
    Daß alles so erstaunlich bleibt, und neu!
    Ich freu mich, daß ich . . . Daß ich mich freu.
    Mascha Kaléko:
    Mit Charme und Humor, mit erotischer Strahlkraft und sozialer Kritik erobert sich die junge Mascha Kaléko im Berlin der Weimarer Republik die Herzen der Großstädter. Sie ist 22, als sie ihre ersten Gedichte veröffentlicht. Es sind Verse in zärtlich-weiblichen Rhythmen, die jeder versteht, weil sie von Dingen handeln, die alle erleben: von Liebe, Abschied und Einsamkeit, von finanziellen Nöten, von Sehnsucht und von Traurigkeit. Mit dieser »Gebrauchslyrik« im besten Sinne ist sie im Berlin der Zwanziger- und Dreißigerjahre berühmt geworden, und auch heute, hundert Jahre nach ihrer Geburt, wird ihre Fangemeinde immer größer. Ihre Poesie ist stets von einer Prise Ironie begleitet, lässt keinerlei Sentimentalität aufkommen. Diese eigentümliche Mischung aus Melancholie und Witz, steter Aktualität und politischer Schärfe ist es, die Mascha Kalékos Lyrik so unwiderstehlich und zeitlos macht.
    Am 7. Juni 1907 kam Mascha Kaléko als Golda Malka Aufen in Schidlow - am Rande der ehemaligen Donaumonarchie - als Tochter eines russischen Vaters und einer österreichischen Mutter zur Welt. Heute heisst der Ort Chrzanow und liegt in Polen. In der eigenen Lebensdarstellung von Mascha Kaléko war die galizische Herkunft stets stark retuschiert worden, wie aus Klappentexten und Interviews hervorgeht. Aus Galizien stammte man nicht, ohne das Naserümpfen sämtlicher Westeuropäer zu riskieren.
    Schon in Maschas Kindheit gründete Heimatlosigkeit gepaart mit Vaterlosigkeit das existentielle und lebenslängliche Gefühl von Verlorenheit, das sie später in dem Gedicht »Die frühen Jahre« beschreibt. Mit sieben Jahren erlebte sie ihre erste Flucht - nach Westen. Der erste Weltkrieg war ausgebrochen, viele Juden verließen aus Angst vor Pogromen der Russen ihre Heimat. Die Familie verschlug es zunächst nach Frankfurt am Main, dann nach Marburg. Maschas Vater wurde als russischer Staatsbürger interniert. Und auch später war er - man hörte in Gesprächen Ungefähres - viel »unterwegs« und »auf Schiffen«.
    In Berlin gehörte sie zum Kreis der schöpferischen Boheme, die sich Ende der Zwanziger- und Anfang der Dreissigerjahre das »Romanische Café« zum Treffpunkt erkoren hatten. Maler, Schauspieler und Literaten wie Tucholsky, Ringelnatz, Klabund, Else Lasker-Schüler, Erich Kästner und Walter Mehring saßen hier, dichteten und diskutierten, träumten von einer besseren Welt, bis die meisten von ihnen in die Emigration gingen, in die äussere oder die innere.
    Im Januar 1933, als die Signale gesetzt wurden, die auch Mascha Kaléko in die Emigration zwingen sollten, war gerade ihr erstes Buch erschienen: ›Das lyrische Stenogrammheft‹. »Großstadtliebe« oder »Langschläfers Morgenlied« lauteten die Titel ihrer Stenogramme aus dem Berliner Alltag, mit denen sie sich die Herzen der Leser eroberte. Mascha Kaléko wurde getragen von einer Woge des Erfolges.
    Ernst Rowohlt wagte noch ein zweites Buch der jungen Autorin: ›Kleines Lesebuch für Große‹. Doch am 8. August 1935 wurde Mascha Kaléko aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und erhielt Berufsverbot. Das ›Kleine Lesebuch‹ wurde noch in der Druckerei beschlagnahmt, ihre Bücher nur noch unter dem Ladentisch verkauft oder von Freunden für Freunde abgeschrieben.
    Fast hätte Mascha Kaléko den Absprung ins Exil verpasst. Erst 1938 verließ sie Deutschland und immigriert nach New York.
    Noch einmal kommt Lebenshoffnung auf, als sie im Herbst 1974 Berlin besucht und ihren letzten Vortragsabend gibt.
    Ein Zwischenaufenthalt in Zürich auf dem Rückweg nach Jerusalem wurde zur letzten Lebensstation.
    Sie starb in Zürich am 21. Januar 1975 und wurde dort auf dem Israelitischen Friedhof Friesenberg begraben.
    (Quelle: www.maschakaleko.com)

Комментарии • 8

  • @christineetzold7366
    @christineetzold7366 Год назад

    Freuen, Lächeln, einfach so....
    dies bezaubernde Gedicht,
    deine liebevolle Stimme
    machen mich
    und andere Menschen froh.
    Danke Wetterfrosch🌞

  • @3001gedichte
    @3001gedichte Год назад

    Hinreißend inszeniert, wunderbar entspannt vorgetragen - perfektes Esprit. Merci, Volker

  • @df4631
    @df4631 2 года назад

    Dankeschön 🙋🏼‍♀️✨🌈🌟💕….sie war mir schon immer die Liebste

  • @hanni6225
    @hanni6225 2 года назад +1

    Ganz herzlichen DANK für so viel Freude ! 🐬

  • @monikahimann8072
    @monikahimann8072 Год назад

    Wunderbar....das bin ich!

    • @poetischer_wetterfrosch
      @poetischer_wetterfrosch  Год назад

      Danke fürs ‚wunderbare‘ Kommentieren, Liken und Teilen 💛🙋🏻‍♂️

  • @barbaraflick5028
    @barbaraflick5028 Год назад

    Eines meiner Lieblingsgedichte von Mascha Kaleko! ❤
    Doch die schriftlichen Untertitel verhunzt es total.
    Unbedingt eine bessere Lösung finden!

    • @poetischer_wetterfrosch
      @poetischer_wetterfrosch  Год назад

      Die Untertitel aktiviertest du bei RUclips selbst , ein oder aus,…. die kommen nicht von mir! 🫶🏻🤷🏼‍♂️