Geheimes Parallelrecht - Wie Grosskonzerne politische Entscheidungen attackieren

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  • Опубликовано: 16 июн 2013
  • aus: WDR Monitor Nr. 648 vom 06.06.2013 ab min 20:45
    Deutschland will raus aus der Atomkraft - eine politische Entscheidung. Damit wollen sich die betroffenen Stromkonzerne aber nicht abfinden. Doch während RWE und EON nur der Gang zum Bundesverfassungsgericht bleibt, wendet sich der schwedische Konzern Vattenfall ganz einfach an ein Schiedsgericht, das geheim in einem Hinterzimmer tagt. Es geht um die Forderung von nicht weniger als 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz, die am Ende die Steuerzahler zahlen müssten. Denn Vattenfall beruft sich auf ein internationales Investitionsschutzabkommen. Weltweit gibt es mehr als 3.000 solcher Verträge zwischen Staaten. Eigentlich sollen sie Investoren vor Enteignungen schützen -- doch wann immer einem Unternehmen ein Gesetz nicht passt, kann es diese Abkommen nutzen, um Schadensersatz geltend zu machen. Gegen Umweltschutz, gegen Gesundheitspolitik, gegen Wirtschaftsreformen. Die Verfahren sind meist geheim, die Öffentlichkeit erfährt höchstens das Ergebnis - und Revisionsmöglichkeiten gibt es nicht. Mit Milliardenklagen setzen Konzerne so ganze Staaten unter Druck. Eine Gefahr für die Demokratie - und ein Riesengeschäft für eine überschaubare Zahl von Anwaltskanzleien.
    Bericht von Stephan Stuchlik, Frauke Steffens, Jonas Wixforth
    zum Beitrag:
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    text:
    Georg Restle: "Und jetzt zu einer Geschichte, die sich wortwörtlich im Verborgenen abspielt. Es geht um den Einfluss großer multinationaler Konzerne, die Entmachtung der Politik und um geheime Verfahren, die uns Steuerzahler sehr viel Geld kosten können. Klingt wie eine Verschwörungstheorie, ist aber politische Realität. Die Rede ist von so genannten „Investitionsschutzabkommen". Internationale Verträge, mit denen Großkonzerne ihre Interessen gegenüber Staaten, an Gerichten vorbei, durchsetzen können. Oft geht es dabei um Milliardenbeträge, um die hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Die Öffentlichkeit bekommt davon meist nichts mit. Und selbst Politiker staunen, wie ihnen hier die Macht des Handelns aus der Hand genommen wird. Stefan Stuchlik und Frauke Steffens bringen Licht ins Dunkel."
    Prozesse im Hinterzimmer. Firmen gegen Staaten. Großkonzerne wie Chevron, Philip Morris und Vattenfall. Es geht um Milliarden und um große Politik. Kaum jemand weiß von diesen geheimen Verfahren, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zugang hat. Die Verhandlungsgrundlage: So genannte Investitionsschutzabkommen. Sie weiß, was sich dahinter verbirgt: Pia Eberhardt forscht seit Jahren über solche internationalen Verträge. Auch Deutschland hat diese Verträge abgeschlossen, eigentlich um deutsche Firmen im Ausland vor Enteignung zu schützen.
    Pia Eberhardt, Corporate Europe Observatory (CEO): „Um solche Diskriminierung oder direkte Enteignung, also die Wegnahme von einer Fabrik, was man sich das vorstellt, geht es heute überhaupt nicht mehr in diesem Verfahren. Das war vielleicht mal früher die Idee, aber was wir haben, ist ein völlig mutiertes Rechtssystem, das sich heute eben nutzen lässt, richtig zur Bekämpfung von demokratischer Politik im öffentlichen Interesse. Darum geht's."
    Ein mutiertes Rechtssystem, die Folgen mussten die Bürger der Stadt Hamburg erleben. 2009 - die halbe Stadt geht gegen das Kohlekraftwerk Moorburg auf die Straße. Die Grünen machen Wahlkampf gegen das Kraftwerk und kommen in die Regierung. Jetzt haben sie das Umweltressort und wollen strenge Umweltauflagen erlassen. Vattenfall zieht die Karte mit dem Geheimverfahren, drei Anwälte treffen sich in Paris, der Anwalt von Vattenfall fordert 1,2 Milliarden Euro Schadensersatz, Deutschland gibt nach, das Kraftwerk Moorburg geht mit weniger Umweltauflagen ans Netz. Die Regierung in Hamburg wird über die Pariser Entscheidung nur in Kenntnis gesetzt. Auch der Staatssekretär ist vollständig überrumpelt. Die politischen Entscheidungen des Senats: wertlos.
    Christian Maaß, ehemaliger Staatsrat Umweltbehörde Hamburg: „Es ist eine ziemlich absurde Situation. Wenn man wie ich über Jahre Umweltrecht studiert hat und angewendet hat, die Rechtsprechung kennt, denkt man eigentlich, man weiß so ziemlich genau, um was es geht und was man machen kann und was man nicht machen kann. Und dann kommen Sie auf einmal..., dann werden Sie vor ein Schiedsgericht gezerrt, wo drei Leute - von denen einer jeweils auch von den Parteien benannt wird - auf einmal darüber entscheiden sollen, ob das, was Sie gemacht haben, rechtmäßig ist oder nicht."
    Und deshalb ist das möglich: Vattenfall genießt als ausländisches Unternehmen Sonderschutz und kann vor ein Schiedsgericht mit drei Anwälten ziehen.
    Ein paralleles Recht.
    Ein deutsches Unternehmen müsste parlamentarische Entscheidungen über reguläre Gerichte anfechten...Im Parallelrecht entscheidet ein drei-Personen-Schiedsgericht. Widerspruch nicht ...

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